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"Moment erheblicher Spannungen": Raketen über Gaza und Eurofighter für Saudi-Arabien: Das ist die Lage im Nahost-Konflikt

Stern 

Die USA befüchten, dass sich der Krieg zwischen Israel und dem Gazastreifen ausweiten könnte. Und die Bundesregierung in Berlin legt eine Kehrtwende bei den Waffenlieferungen hin. Das geschah in der Nacht.

Die USA sehen den Nahen Osten in einem "Moment erheblicher Spannungen" und haben Israel gemahnt, mehr für den Schutz von Zivilisten in Gaza zu tun. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schafft es seit fast zwei Wochen nicht, eine geplante Hilfsmission im Norden des Küstenstreifens durchzuführen. Unterdessen setzt Israel die Angriffe im Gazastreifen fort und liefert sich im Norden an der Grenze zum Libanon Kämpfe mit der Hisbollah-Miliz. Die Nacht im Überblick:

Könnte Gaza-Krieg "metastasieren"?

US-Außenminister Antony Blinken warnte in Katar vor einer Eskalation in der gesamten Nahost-Region. "Der Konflikt könnte schnell metastasieren, was noch mehr Leid in der Region verursachen würde", sagte er auf seiner vierten Nahost-Reise bei einem Treffen mit Katars Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Doha. Katar habe von Beginn an vor einer wahrscheinlichen und gefährlichen Ausweitung des Konflikts gewarnt, sagte Al Thani. Die Tötung eines Hamas-Anführers in Beirut und eines ranghohen iranischen Generals in Syrien – beide mutmaßlich durch Israel angeordnet – seien zu verurteilen und ein Verstoß gegen die Souveränität dieser Länder.PAID Hölzl_Arzt_Gaza_protokoll 6.10 Uhr

Blinken forderte, dass Israel die Zivilisten in Gaza bei seinen Angriffen dort besser schützen müsse: "Es ist absolut zwingend, dass Israel mehr zum Schutz von Zivilisten unternimmt". "Es sind schon viel zu viele unschuldige Palästinenser getötet worden", sagte er. Dies werde er auch bei seinem geplanten Besuch in Israel ansprechen.

Hilfslieferungen für Gaza reichen nicht

Auch die Hilfslieferungen für Gaza, wo vor Kriegsbeginn etwa 2,2 Millionen Menschen lebten, sind laut Blinken noch "nicht ausreichend, um den enormen Bedürfnissen gerecht zu werden". Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung seien von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Sie hätten nicht genügend Zugang zu Wasser, Essen, Arzneimitteln und anderen wichtigen Gütern.

In der Nacht zum Montag berichtete die WHO, seit zwölf Tagen nicht mehr in den Norden des Gazastreifens gelangt zu sein. Eine geplante Mission zum Krankenhaus Al-Awda sei zum vierten Mal abgesagt worden, weil die Sicherheit nicht gewährleistet gewesen sei, teilte die UN-Organisation auf der Plattform X (vormals Twitter) mit. Schwere Bombardierungen, nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten und unterbrochene Kommunikation hätten es "nahezu unmöglich" gemacht, medizinische Hilfsgüter in den isolierten Küstenstreifen und vor allem in dessen Norden zu liefern.

Israel attackiert Hisbollah-Miliz im Libanon

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben wieder mehrere Ziele der Hisbollah-Miliz im nördlich angrenzenden Libanon unter Beschuss genommen. Kampfjets der Luftwaffe hätten eine militärische Anlage nahe Marwahin und einen Raketenwerfer andernorts an der Grenze angegriffen, teilten die Streitkräfte am Montagmorgen mit. Zudem hätten eine israelische Drohne und ein Hubschrauber Stellungen attackiert, von denen aus Israel beschossen worden sei.Die Waffen von Hamas, Islamischem Dschihad und Hisbollah17h

Die mit der islamistischen Terrororganisation Hamas und dem Iran verbündete Hisbollah und israelische Streitkräfte lieferten sich in den vergangenen Tagen immer wieder Schusswechsel. Im laufenden Gaza-Krieg als Folge des blutigen Hamas-Terrorangriffs vom 7. Oktober vergangenen Jahres befürchten Chefdiplomaten wie US-Außenminister Antony Blinken eine Ausweitung auf andere Teile der Region.

Israel greift in Chan Junis weiter an

Israel griff derweil am Sonntag im Süden des Gazastreifens weiter an. Nach eigener Darstellung zerstörte die Armee mehr als 100 Ziele palästinensischer Terroristen im heftig umkämpften Chan Junis. Dutzende Terroristen seien dort zudem getötet worden, teilte das Militär mit. Soldaten zerstörten demnach Tunnel, Beobachtungsposten und ein Hauptquartier der Hamas, welche die Islamistenorganisation auch für die Planung ihres Massakers am 7. Oktober genutzt habe. Extremistische Palästinenser feuerten am Sonntag erneut Raketen Richtung Israel. In Grenzorten wurde Raketenalarm ausgelöst.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde in den vergangenen 24 Stunden 73 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden. 99 Menschen seien verletzt worden, teilt die Behörde mit. Am Sonntag hat sie mitgeteilt, dass seit Beginn der israelischen Angriffe Anfang Oktober mehr als 22.800 Menschen getötet und mehr als 58.400 weitere verletzt wurden.

Bundesregierung gibt weitere Eurofighter für Saudi-Arabien frei

Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock bereit, der Lieferung weiterer Eurofighter an Saudi-Arabien nicht länger im Weg zu stehen. Das kündigte Baerbock am Sonntagabend in Jerusalem an. Die Bundesregierung macht damit eine Kehrtwende, da auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, dass Deutschland keine Waffen an Länder liefert, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Saudi-Arabien unterstützt dort die Regierung gegen die Huthi-Rebellen, die ihrerseits im Gaza-Krieg an der Seite der radikal-islamischen Hamas stehen.Angriffe auf Schiffe im Roten Meer: Reedereien meiden wichtige Handelsroute 13.56

Baerbock sagte, die Regierung in Riad zeige ihre Bemühungen um eine bessere Zukunft in der Region. Sie verwies darauf, dass die saudische Luftwaffe gegen Israel gerichtete Raketen der Huthi-Rebellen im Jemen abschieße. Damit trage Saudi-Arabien maßgeblich auch in diesen Tagen zur Sicherheit Israels bei und dämme die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes ein. "Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen", sagte die Ministerin. "Die Welt, insbesondere hier im Nahen Osten, ist seit dem 7. Oktober (...) eine komplett andere geworden."

Was am Montag wichtig wird

Baerbock will sich bei einem Besuch im Westjordanland ein Bild von der Lage der Palästinenser machen. Geplant sind Besuche in einem palästinensischen Dorf und ein Treffen in Ramallah mit Außenminister Riad al-Maliki. Am Abend will sie nach Ägypten weiterreisen. Blinken will in den kommenden Tagen auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Israel, das Westjordanland und Ägypten besuchen. Zudem dürfte der Blick auf die Gefechte im Gazastreifen gerichtet bleiben.

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