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Elektroautos: Plötzlich weniger Reichweite: Tesla korrigiert übertriebene Angaben zur Fahrleistung

Stern 
Elektroautos: Plötzlich weniger Reichweite: Tesla korrigiert übertriebene Angaben zur Fahrleistung

Ohne größere Erklärung hat Tesla die Angaben zur Reichweite vieler Fahrzeuge in den USA um bis zu 60 Kilometer gesenkt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Beschwerden zu den Versprechungen des Herstellers gegeben.

Auf seinen amerikanischen und kanadischen Webseiten hat Tesla ohne offizielle Erklärung die Reichweite vieler Fahrzeuge um bis zu 60 Kilometer herabgestuft. Die größte Änderung betraf das Model S Plaid. Bei anderen Fahrzeugen, etwa dem Model 3, gab es keine Anpassungen. Das Fachmagazin "Drive Tesla Canada" berichtet, dass die Gründe wohl nur aus internen Dokumenten hervorgehen würden. Demnach seien Änderungen beim Testverfahren der amerikanischen Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) und neue Komfortfunktionen der Fahrzeuge für die Anpassungen der Angaben verantwortlich.

Neues Messverfahren in den USA

Die EPA schreibt künftig vor, dass Reichweitenmessungen in verschiedenen, teils auch unvorteilhaften Konditionen und Fahrmodi für Elektroautos stattfinden müssen. Die Herstellerangabe muss sich dann aus Durchschnittswerten der oftmals äußerst unterschiedlichen Ergebnisse zusammensetzen. 

Die neuen Richtlinien sollen dafür sorgen, dass die Hersteller nicht länger nur mit Werten arbeiten dürfen, die bei idealen Bedingungen erreicht wurden. Bei Elektroautos sorgt dieser Umstand schon länger für Frust bei den Kunden, weil die Werbung selten der Realität entspricht. 

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Das macht sich besonders im Winter bemerkbar. Denn obwohl die Kapazität der Akkus selbstverständlich unverändert bleibt, sinkt die Effizienz der Zellen teils ganz immens. Ein kalter Akku generiert durch den steigenden Innenwiderstand der Zellen mehr Abwärme, wodurch die mögliche Abgabemenge der elektrischen Energie verringert wird. Kurz: Die Reichweite sinkt.

Hinzu kommen Faktoren wie die Notwendigkeit, das Fahrzeug heizen zu müssen. Darunter leiden Elektroautos deutlich mehr als Verbrenner. Der Grund ist klar: Während ein Diesel oder Benziner die Motorhitze zur Erwärmung des Fahrzeugs nutzen kann, muss ein Elektroauto Energie aus dem Akku einsetzen, um Wärme zu erzeugen. Und nicht nur der kalte Innenraum muss geheizt werden. Damit ein Akku effizient arbeiten kann, heizt das Auto auch ihn – was ebenfalls die Reichweite verringert.

Tesla soll bei der Reichweite schon oft übertrieben haben

Tesla ist von diesem Umstand keineswegs alleine betroffen. Auch die Angaben anderer Hersteller spiegeln eher Idealvorstellungen wider. Sobald man etwas zu flott fährt, Verbraucher zu stark beansprucht oder die Temperaturen dem Auto zusetzen, ist der Werbewert oft schon nicht mehr zu erreichen.

Tesla ist dafür bekannt, Angaben zur Reichweite bis auf das Äußerste auszureizen und auch im Auto mit eher überzogenen Werten zu arbeiten. Das deckte kürzlich unter anderem eine umfassende Recherche der Nachrichtenagentur "Reuters" auf. Kunden beschweren sich zudem immer wieder, dass die Fahrzeuge, obwohl es auf dem Display zunächst absolut möglich erscheint, ihre Ziele nicht ohne Ladestopp erreichen. 2020 gab es diesbezüglich eine Auseinandersetzung mit der Umweltbehörde – "The Verge" berichtete.

Die überhöhten Angaben der Reichweite haben natürlich einen ganz einfachen Grund: Die Autos verkaufen sich besser. Laut einer "Reuters"-Quelle habe Elon Musk selbst gefordert, in den Autos "optimistische Schätzungen zur Restreichweite" anzuzeigen, statt sich möglichst korrekt an den Gegebenheiten zu orientieren. Das, so die Quelle, "gebe den Leuten ein gutes Gefühl". 

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Es ist daher recht erstaunlich, dass Tesla in zwei sehr großen Märkten die so wichtige Angabe verändert. Möglicherweise will sich das Unternehmen damit für Konsequenzen aus einer laufenden Untersuchung des amerikanischen Justizministeriums wappnen, die sich seit Herbst 2023 mit den Diskrepanzen zwischen Werbeversprechen und Realität bei der Reichweite von Teslas befasst.

In Deutschland gab es entsprechende Änderungen bisher nicht – es bleibt abzuwarten, ob Tesla auch hierzulande an den technischen Kennzahlen seiner Autos schraubt.

Quellen: Reuters, Drive Tesla Canada, Electrek, The Verge, CNN

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