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Technische Probleme bei Boeing: Was passiert eigentlich, wenn... mein Flugzeug notlanden muss?

Stern 

Ein Teil des Flugzeuges bricht beim Start raus, der Flieger muss notlanden. Was bedeutet das für die Passagiere – und wie läuft sowas überhaupt ab? Ein Blick in eine Situation, die man im besten Fall niemals erlebt. 

Es gibt Szenarien, die malt man sich am liebsten erst gar nicht aus, schon gar nicht in all ihren Facetten. Das "Was wäre, wenn..."-Spiel macht keinen Spaß, wenn das Ergebnis einem schwarzen Loch gleicht. Weil man eben manchmal nicht weiß, was wäre, wenn ein bestimmtes Ereignis eintrifft. Eine Notlandung ist ein solches Szenario. Wenn man ins Flugzeug steigt, dann freut man sich auf sein Reiseziel, vielleicht auf den obligatorischen Tomatensaft oder die Auszeit von der ständigen Erreichbarkeit über den Wolken. Was man sich lieber nicht ausmalt, sind Turbulenzen, Horrorszenarien wie ein Flugzeugabsturz – oder eben eine Notlandung. Blöderweise kommt das trotzdem ab und zu mal vor, wenn auch äußerst selten. 

Es wird schon gut gehen, denkt man. Und hat dabei die Statistik auf seiner Seite. Nicht umsonst gilt das Fliegen als eines der sichersten Wege, von A nach B zu kommen. Darauf dürften sich auch die Passagiere der Boeing 737 Max 9 am vergangenen Freitag auf dem Weg von Portland nach Ontario verlassen haben. Jedenfalls so lange, bis ein Teil des Flugzeuges kurz nach dem Start einfach rausbrach – und statt einer Notfalltür ein riesiges Loch im Flieger klaffte. Es war schieres Glück, dass niemand auf dem Platz am Notausgang saß und die Notlandung für alle Passagiere und das Bordpersonal glimpflich ausging. Lediglich der Schock der abrupten Notlandung wird wohl einigen von ihnen noch bleiben. 

Sicherheitslandung oder Notlandung?

Aber was passiert bei einer Notlandung eigentlich genau? Wer schon einmal geflogen ist, der kennt zumindest die typischen Sicherheitshinweise vor dem Abflug und weiß, was in der Theorie zu tun ist, wenn während des Fluges etwas schief läuft: Anschnallen, Ruhe bewahren, die herunterfallenden Sauerstoffmasken aufsetzen, zuerst sich selbst und dann anderen helfen, Kotzbeutel befinden sich in der Ablage, die Rettungsweste meist unter dem Sitz. Und doch weiß man nicht, was genau im Ernstfall passiert, wenn man es nicht schon einmal erlebt hat. Denn: Jede Notlandung ist anders. 

Notlandung: Rechte Passagiere 10:58

Und doch beginnt jede einzelne von ihnen damit, dass der Pilot aufgrund von technischen Problemen oder einem Zwischenfall an Bord die Entscheidung trifft, den Flug abzubrechen. Die Rede ist dann gerne von einer "außerplanmäßigen Landung". Bei kleineren technischen Problemen hat die Crew dann noch genug Zeit, die Landung so vorzubereiten, dass sie einer normalen Landung gleicht. Das nennt man dann Sicherheitslandung. Im Fall des herausgerissenen Flugzeugteils der Boeing allerdings gab es diesen Zeitraum nicht – hier war schnelles Handeln gefordert. In diesem Fall setzt der Pilot einen "Mayday"-Ruf an die nächstgelegene Funkstelle ab. Das sorgt dafür, dass die Fluglotsen dem Pilot den sicheren Weg zum nächsten Flughafen weisen können, ohne dass der Flieger einen anderen kreuzt. 

Auf die richtige Evakuierung kommt es an

Am Boden angekommen, wird das Flugzeug dann evakuiert. Schon lange, bevor die Passagiere das Flugzeug betreten, genauer gesagt bei der Fertigstellung des Fliegers, muss der Hersteller nachweisen, dass eine Evakuierung nach einer Notlandung innerhalb von 90 Sekunden machbar ist, auch wenn die Hälfte der Notausgänge nicht passierbar – oder nicht mehr Teil des Flugzeuges wäre. In der Praxis dauert es allerdings meistens deutlich länger, bis alle Passagiere das Flugzeug verlassen haben. Im Fall der Boeing 737 Max 9 von Alaska Airlines hat das Ganze funktioniert – und niemand wurde schwer verletzt. 

CAPITAL So steht es um Boeing11.57

Trotzdem fliegt die Sorge bei manchen Passagieren jetzt wieder mit. Was ist, wenn sich bei meinem Flugzeug auch plötzlich ein Teil löst? Eine Frage, die angesichts des kollektiven technischen Versagens der Baureihe von Boeing viele Flugreisende beschäftigen dürfte. Rein statistisch betrachtet gibt es dafür allerdings keinen Anlass. Es passiert äußerst selten, dass Bauteile einfach abfallen – und Boeing hat die potenziell betroffenen Flugzeuge bereits aus dem Verkehr gezogen. Die Luftfahrtbehörde sieht außerdem keinen Anlass, der gesamten Baureihe das Vertrauen zu entziehen – die meisten Flüge gehen ohne Zwischenfälle vonstatten. Und trotzdem kann es helfen, sich mental auf eine potenzielle Notlandung einzustellen. Natürlich in dem Wissen, dass man rein statistisch betrachtet dieses Wissen eigentlich gar nicht braucht. 

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