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Kundgebungen: Zehntausende bei Demos gegen Rechts - Scholz und Baerbock da

Stern 

Nach Bekanntwerden eines Treffens radikaler Rechter, die über menschenverachtende Pläne diskutiert haben, antwortet die Zivilgesellschaft. Tausende Menschen gingen in Berlin und in Potsdam gegen Rechtsextremismus auf die Straße.

Mehrere Zehntausend Menschen haben am Sonntag in Potsdam und Berlin ein Zeichen gegen Rechts gesetzt. Allein in Berlin versammelten sich wenige Tage nach Bekanntwerden eines Treffens radikaler Rechter rund 25.000 Demonstranten vor dem Brandenburger Tor. In Potsdam sprach Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), der zu dem Protest aufgerufen hatte, von rund 10.000 Teilnehmern bei einer Kundgebung auf dem Altmarkt. In der Landeshauptstadt hatte auch das Treffen von rechten Aktivisten und einzelnen AfD-Funktionären sowie CDU-Politikern stattgefunden.

Scholz, Baerbock und Landespolitiker unter Protestierenden

Bei einer Kundgebung auf dem Altmarkt der Landeshauptstadt hielten Demonstrierende Plakate hoch mit Aufschriften wie "Potsdam ist bunt" und "Wir halten zusammen". Unter den Teilnehmern waren auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die Bundestagsabgeordnete und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

"Ich stehe hier als eine von Tausenden von Potsdamerinnen und Potsdamern, die einstehen für Demokratie und gegen alten und neuen Faschismus", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Brandenburger Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) und die Fraktionschefs von SPD, CDU, Grünen und Linken nahmen an der Kundgebung teil. Zunächst hatten die "Potsdamer Neuesten Nachrichten" berichtet.

Hintergrund ist die Berichterstattung über ein Treffen in Potsdam, bei dem über einen Plan zur massenhaften Vertreibung von Migranten gesprochen worden war. "Jetzt ist der Zeitpunkt, Farbe zu bekennen: für unsere Stadt, für unser Land, für die Menschen, die hier leben. Wir lassen uns unsere Stadt, unser Land, unsere Demokratie nicht von den neuen Nazis stehlen", sagte OB Schubert auf der Kundgebung und an die Teilnehmer gerichtet: "Sie alle sind heute hier und bekennen Farbe und Sie wehren sich gegen die Gefahr, die unserem Land von den neuen Nazis droht! Das ist, was zählt und es spielt keine Rolle, welche demokratische Partei Sie wählen." Schubert ist auch Vorsitzender des Bündnisses "Potsdam! bekennt Farbe" für eine weltoffene Stadt.

Tausende Menschen demonstrieren am Brandenburger Tor gegen Rechts

Auch in Berlin demonstrierten Tausende Menschen vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen Rechtsextremismus. Ein Polizeisprecher und eine Sprecherin der Klimaschutzgruppe Fridays for Future, die auch zu der Demonstration aufgerufen hatte, bezifferten die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer übereinstimmend auf 25.000. Auf der Plattform X schrieb die Polizei: "Auf Grund der großen Personenanzahl konnten aus Sicherheitsgründen keine Menschen mehr direkt auf die Versammlungsfläche." Auf Transparenten waren etwa Sprüche wie "AfD ist keine Alternative" zu lesen. Laut Polizei kam es zunächst nicht zu Zwischenfällen. Bei der Veranstaltung unter dem Motto "Demokratie verteidigen" hielt auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer eine Rede.

Hintergrund für die Proteste ist eine Recherche des Medienhauses Correctiv, das über ein Treffen radikal rechter Kreise mit Extremisten und AfD-Funktionären in Potsdam recherchiert hatte. An dem Treffen in einer Potsdamer Villa hatten im November unter anderem einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen.

Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen habe. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner in Potsdam drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht - und "nicht assimilierte Staatsbürger".

Forscherin: Sprache der Rechten verdeckt wirkliche Inhalte

Die Rechtsextremismusforscherin Heike Radvan sieht die Sprache der rechten Akteure des Treffens in Potsdam als Mittel, Inhalte zu verdecken. "Eines der zentral benutzten Worte "Remigration", was auf den ersten Blick wie ein Fachbegriff anmuten könnte, ist programmatischer Ausdruck rassistischer und nationalistischer - alles andere als neuer - extrem rechter Ideologie", sagte Radvan der Deutschen Presse-Agentur am Samstag.

Die Strategie des sprachlichen Verdeckens habe eine lange Tradition in der extremen Rechten. Bereits der bekannte Sprach- und Literaturwissenschaftler Victor Klemperer - ein Holocaust-Überlebender - habe dieses Vorgehen während der Nazi-Herrschaft analysiert.

Radvan sagte weiter, es sei deutlich, dass die bei dem Treffen vermittelten politischen Inhalte und Ziele menschenverachtend, grundrechts- und verfassungswidrig seien. Sie lehrt an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.

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