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Lieferketten: Huthi-Angriffe im Roten Meer: Firmen setzen auf Luftfracht

Stern 
Lieferketten: Huthi-Angriffe im Roten Meer: Firmen setzen auf Luftfracht

Die Angriffe der Huthi im Roten Meer beeinträchtigen zunehmend die Lieferketten. Weil Schiffe länger unterwegs sind, werden Container knapp. Statt auf den Seeweg wollen einige Firmen jetzt auf den Transport per Flugzeug setzen.

Die angespannte Lage und die immer neuen Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachter im Roten Meer führen zunehmend zu Lieferengpässen bei Firmen in Deutschland und Europa. Güter auf dem direkten Seeweg von Asien nach Europa zu bringen und andersherum, ist durch die Huthi-Attacken gefährlich geworden. 

Weil Lieferketten nicht mehr reibungslos funktionieren, setzen Autobauer wie Tesla, Suzuki und Volvo ihre Produktion in Deutschland, Ungarn und Belgien wegen fehlender Teile aus. Die deutschen Discounter Aldi und Lidl warten ebenfalls auf Waren, darunter vor allem Aktionsartikel aus dem Nonfood-Bereich. Der katarische Staatskonzern Qatar Energy lässt aktuell keine Flüssiggas-Transporter durch das Rote Meer fahren. 

Für die Logistikbranche werden die laufenden Huthi-Angriffe zum Problem: Durch die fehlenden Frachtkapazitäten und die Umwege ist der Transport teurer. 

Weniger Kapazitäten und höhere Kosten

Statt durch den Suezkanal, fahren viele Reedereien seit einigen Wochen alternativ um das Kap der Guten Hoffnung. Waren zwischen Europa und Asien zu transportieren, dauert so aktuell rund zwei Wochen länger. Zwar ist der Kostenanstieg nicht so stark wie während der Corona-Pandemie. Doch die Hamburger Großreederei Hapag-Lloyd, die Mitte Dezember mit der Umleitung begann, rechnete bis Jahresende bereits mit Mehrkosten für Treibstoff in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags, so ein Sprecher damals zum Wirtschaftsmagazin "Capital".

Anfang Dezember 2023 war der Weg über das Rote Meer, durch den Suezkanal und das Mittelmeer noch klar die bevorzugte Route zwischen Europa und Asien
Anfang Dezember 2023 war der Weg über das Rote Meer, durch den Suezkanal und das Mittelmeer noch klar die bevorzugte Route zwischen Europa und Asien
© Forto

Am 17. Januar 2024 waren sichtbar mehr Schiffe auf der Alternativroute rund um Afrika unterwegs als noch vor einigen Wochen
Am 17. Januar 2024 waren sichtbar mehr Schiffe auf der Alternativroute rund um Afrika unterwegs als noch vor einigen Wochen
© Forto

Wer trotz der Gefahr durch Angriffe noch durch den Suezkanal fahren will, muss allerdings auch mehr zahlen, weil die Versicherungen teurer geworden sind. "Die Versicherung für Schiffe im Suezkanal stieg auf 0,75 bis 1 Prozent des Schiffswerts", sagt Michael Wax, Gründer des Logistikunternehmens Forto, gegenüber Capital. "Ein großes Containerschiff im Wert von 100 Millionen US-Dollar könnte so bis zu einer Million Dollar allein für die Versicherung zahlen."

Als noch einschneidender sieht Wax allerdings, dass durch den längeren Weg erheblich weniger Container verfügbar sind. Demnach sei in den nächsten Wochen mit einer Kapazitätsverringerung von 30 bis 40 Prozent zu rechnen. Das chinesische Neujahrsfest Anfang Februar könnte die Situation noch verschärfen, weil dann Büros und Fabriken offiziell geschlossen sind. Die eingesetzten Frachtkapazitäten werden in dieser Zeit reduziert. Vorher ist deswegen die Nachfrage nach Frachtern besonders hoch, weil Unternehmen noch ihre Lagerbestände aufstocken wollen.

Bedeutung der Luftfracht für Lieferketten könnte steigen

Gerade eiligere Waren könnten deswegen in den nächsten Wochen verstärkt mit dem Flugzeug verschickt werden. Dies ist allerdings wesentlich teurer und es kann weit weniger transportiert werden. Branchenkreisen zufolge liegt das Verhältnis zwischen Luft- und Seefracht etwa bei 1:100. Der Warentransport per Flugzeug kann die Schiffslieferungen also keinesfalls ausgleichen.

Logistiker registrieren bereits, dass Kunden zunehmend nach alternativen Transportwegen fragen. So gibt DB Schenker als einer der weltweit führenden Logistiker an, sich zusätzlichen Laderaum in der Luftfahrt gesichert zu haben, "um die erwartete Verlagerung von Seefracht auf Luftfracht bedienen zu können". Ein Sprecher des Postunternehmens DHL berichtete, dass dringende Sendungen bereits jetzt per Luftfracht transportiert werden. 

Startups rund um nachhaltigeit 9.36

Beliebter wird außerdem die Transport-Kombination aus See- und Luftfracht. Yngve Ruud vom Logistikkonzern Kühne + Nagel berichtet, dass erste Kunden darauf umsteigen. Güter werden dabei einen Teil der Strecke mit dem Schiff und dann per Flugzeug weitertransportiert, zum Beispiel von Dubai oder Los Angeles aus. Diese Verlagerung könnte in den kommenden Wochen noch zunehmen, prognostiziert Ruud. Schon jetzt habe er etwa 20 bis 30 Prozent mehr Gespräche und Anfragen als normalerweise im Januar.  

Auch Forto-Logistiker Wax berichtet, dass Kunden Preise vergleichen. Ihm zufolge werden vor allem Gütertransporte per Zug nachgefragt, eine signifikante Verschiebung von See- zu Luftfracht sieht er jedoch noch nicht. "Trotz der vierwöchigen Sperrung des Roten Meeres sind die Luftfrachtraten nur etwa 20 Prozent über dem Normalpreis", sagt Wax. "Während der Pandemie stiegen die Kosten für Luftfracht um über 100 Prozent." Schenker zufolge ist in zwei bis drei Wochen mit sichtbaren Effekten auf die Luftfahrt zu rechnen. 

Habeck erwartet keine "gravierenden Auswirkungen"

Die Attacken im Roten Meer, in der Meerenge zwischen Dschibuti und dem Jemen, stehen in direktem Zusammenhang mit dem Krieg im Gaza-Streifen. Die Huthi-Rebellen solidarisieren sich mit den radikal-islamistischen Hamas-Kämpfern und hatten Anfang Dezember angekündigt, alle Schiffe mit dem Ziel Israel anzugreifen, die keine Hilfsgüter nach Gaza liefern.

IsraelDrohenderFlächenbrand

Der Chef der dänischen Reederei Maersk, Vincent Clerc, warnte auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor monatelangen Behinderungen des Schiffverkehrs. Fast 20 Prozent des Welthandels würden über die betroffene Meerenge abgewickelt. "Sie ist eine der wichtigsten Verkehrsadern des Welthandels und der globalen Lieferketten und derzeit verstopft", sagte Clerc. Wie sich die Situation entwickle, sei unvorhersehbar. 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte in Davos, dass man die Lage im Roten Meer sehr genau beobachte. Er erwarte deswegen aber keine größeren Lieferkettenprobleme oder "gravierenden Auswirkungen".

Dieser Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin "Capital", das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.

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