Duft-Influencer: Herr Fragrance, sind Sie rechtsextrem?
Sechs Wochen nach seinem Skandal-Auftritt mit Anhängern der rechtsextremen Szene zieht es Jeremy Fragrance zurück in die Öffentlichkeit. Der Duft-Influencer spricht über Rassismus, seine Migrantenfamilie – und eine Zweitkarriere in der Politik.
Pünktlich um 10.30 Uhr New Yorker Zeit taucht Jeremy Fragrance auf dem Computer-Bildschirm auf. Mit freiem Oberkörper erscheint er zum Interview. "Sorry, ich bin im Gym", sagt er, "Hier ist die Internetverbindung am besten." Man erkennt Laufbänder und Hantelbänke im Hintergrund. Das Fitnessstudio sei im gleichen Gebäude wie seine Wohnung. Die Adresse: 55 Wall Street, mitten im New Yorker Financial District. "Hier fand auch das Treffen im Dezember statt", sagt Fragrance.
Mit dem besagten Treffen ist eine Gala des konservativen New York Young Republicans Club gemeint, die der Duft-Influencer besuchte. Hauptredner des Abend war damals Donald Trump. Doch statt Bilder mit dem Präsidentschafts-Anwärter zu bekommen, posierte Fragrance mit Vertretern der rechtsextremen Szene aus Österreich und Deutschland. Man sah ihn an der Seite von Alex Malenki, einem bekannten Aktivisten der "Identitären Bewegung", ebenso mit David Bendels, dem Chefredakteur des AfD-nahen Magazins "Deutschlandkurier" und Vorsitzenden des mittlerweile aufgelösten "Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten". Fragrance warf man danach vor, mit rechtsextremen Kreisen zu sympathisieren. Viele Partner – ein TV-Sender, ein Buchverlag, mehrere Prominente – distanzierten sich daraufhin von ihm.
Herr Fragrance, sind Sie rechtsextrem?
Nein, ich bin zu 100 Prozent gegen Rassismus, aber zu 100 Prozent für christliche Werte. Ich sympathisiere nicht mit der AfD.
Wie kam es dann dazu, dass Sie im Dezember zum prominenten Aushängeschild der AfD wurden?
Ich kannte die Leute nicht. Zu der Veranstaltung kam ich durch Zufall, ich hatte noch nicht einmal eine Einladung. Ein Freund, den ich aus der Duft-Branche kenne, überredete mich, dort hinzugehen. Es war ja im gleichen Gebäude. Da Donald Trump einer der Redner war, dachte ich, dass sei eine gute Gelegenheit, ihm einen meiner Düfte in die Hand zu drücken.
Dennoch sah man keine Bilder von Ihnen mit Donald Trump, sondern mit Rechtsextremen aus Deutschland und Österreich.
Das stimmt, aber wer mich kennt, weiß, dass ich mich immer mit Leuten fotografieren lasse, die um ein Foto bitten. Viele Amerikaner ließen sich an dem Abend mit mir ablichten. Ich bin hier sehr bekannt. Neben Heidi Klum bin ich wohl der bekannteste Deutsche in den USA. Irgendwann sagte mir jemand, dass auch Landsleute von mir auf dem Event seien. So traf ich etwa auch auf David Bendels, der sich als Chefredakteur des "Deutschlandkuriers" vorstellte.
Das machte Sie nicht stutzig?
Ich lese keine Nachrichten, mir sagte das Blatt nichts. Es hieß ja nicht Heil-Hitler-Kurier oder AfD-Kurier. Bendler bat mich, ihn zu taggen. Das habe ich getan, weil ich es oft so mache. Ich habe mir nichts dabei gedacht.
Sie leben seit einiger Zeit in den USA, mal in Miami, mal in New York. Wieviel bekommen Sie mit von dem, was in Deutschland passiert?
Ich lebe hier in meiner amerikanischen Blase, aus Deutschland bekomme ich nichts mit.
PAID Jeremy Fragrance 17.33Dann haben Sie auch nichts von den Remigrations-Plänen einiger AfD-Anhänger und Rechtsextremer gehört, die durch den Rechercheverbund "Correctiv" enthüllt wurden?
Nein, aber meine Familie stammt aus Polen. Als ich zur Welt kam, lebten wir zwar schon in Deutschland, aber natürlich komme ich aus einer Migrantenfamilie. Deutschland ist meine Heimat, auch wenn ich heute zwischen München, Miami und New York pendle. Leute aus dem Land zu verweisen, ist menschenverachtend.
Sind Sie eigentlich Mitglied einer Partei?
Nein, aber ich überlege, in die CDU einzutreten oder auch die CSU. Ich lebe ja auch in Bayern. Ich könnte mir auch vorstellen, irgendwann in die Politik zu gehen. Vielleicht auch Bundeskanzler zu werden.
Aber sagten Sie nicht, dass Sie sich nicht für Politik interessieren?
Ich bin dennoch sehr bekannt, vor allem bei einer sehr jungen Zielgruppe. Die könnte ich für mich begeistern. Arnold Schwarzenegger war Gouverneur von Kalifornien. Warum sollte ich nicht auch Bundeskanzler werden können? Social Jeremy Fragrance
Wie sähe Ihre politische Vision aus?
Mir hat mal jemand gesagt, dass ein Land gut funktioniert, wenn man die Mitte stärkt, die unteren Schichten unterstützt und die oberen nicht zu dekadent werden lässt. Ich würde selbst auch auf ein Gehalt verzichten.
Herr Fragrance, das wird wohl nicht für eine politische Karriere ausreichen ...
Das macht nichts. Ich bin auch so erfolgreich. Ich bin der bekannteste Duftexperte der Welt. Darin macht mir niemand etwas vor. Ich erreiche eine Zielgruppe, an der sich viele die Zähne ausbeißen. Was die Politik nicht schafft, würde mir problemlos gelingen.