World News in German

Sechs Tage Stillstand: Verspätung und Zugausfälle: Welche Rechte Fahrgäste bei einem Bahnstreik haben

Stern 
Sechs Tage Stillstand: Verspätung und Zugausfälle: Welche Rechte Fahrgäste bei einem Bahnstreik haben

Wenn die Bahn streikt, sind Verspätungen und Zugausfälle vorprogrammiert. Wir fassen zusammen, was Reisende tun können und welche Rechte sie haben.

Düstere Aussichten für Bahnfahrende: Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat angekündigt von Mittwoch, 24. Januar, 2 Uhr, bis Montag, 29. Januar, erneut im Personenverkehr zu streiken. Bahnreisende müssen wieder viel Geduld mitbringen. Bei einem Streik fallen zahlreiche Verbindungen aus und viele Passagiere warten auf die wenigen Züge, die noch fahren. Vor den Reisezentren reihen sich Menschen in lange Schlangen ein oder Reisende stranden gar an den Bahnhöfen. 

Wir verraten Ihnen im Überblick, was Bahnreisende an Streiktagen tun können und wann sie ein Anrecht auf Entschädigung haben.

Woher weiß ich bei einem Bahnstreik, ob mein Zug fährt?

Die Deutsche Bahn schreibt auf ihrer Webseite, dass sie bei Streiks immer versuche, einen Ersatzfahrplan einzurichten. Reisende im Fernverkehr sollten sich ab 12 Stunden vor der Abfahrt darüber informieren, ob ihr Zug fährt oder nicht. Das können Sie online bei der Reiseauskunft oder in der DB Navigator App. Über aktuelle Verkehrsmeldungen und Streiks informiert die Bahn unter bahn.de/aktuell. Meist ist die Bahn im Streikfall kulant und Reisende können ihre Reisezeiten noch ändern, wenn sie wollen.

Wer nicht mit den Zügen der Deutschen Bahn unterwegs ist, sondern mit einem privaten Bahnunternehmen fährt, sollte bei einem Streik zuerst auf die Webseite des Unternehmens gehen, um Informationen zu erhalten, rät die Verbraucherzentrale.

PAID Kein Bammel vorm Bummeln 19.50

Wie kann ich trotz Streik noch an mein Ziel kommen?

In der Vergangenheit hat die Deutsche Bahn an größeren Bahnhöfen im Nahverkehr zum Teil Taxifahrten für die Passagiere im Nahverkehr organisiert. Wer auf eigene Faust ein Taxi nutzen möchte, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen, damit ein Bahnunternehmen die Kosten übernimmt. Das regelt die EU-Fahrgastverordnung.

Das Bahnunternehmen muss Fahrgästen demnach die Kosten für eine Taxifahrt bis maximal 120 Euro erstatten, wenn Ihre geplante Ankunft am Ziel zwischen 0 Uhr und 5 Uhr nachts liegt. Und das Ziel mit dem Zug mindestens 60 Minuten später erreicht werden würde. Das gleiche gilt, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und das Ziel bis 24 Uhr nicht anders erreicht werden kann.

Die Bahn gibt manchmal im Streikfall auch für Reisende mit einem Ticket für den Nahverkehr den Fernverkehr frei. Heißt: Bei einer solchen Freigabe können Reisende auch einen IC oder ICE mit ihren Ticket für den Nahverkehr nutzen. Bahnunternehmen können auch Sammelbusse als Ersatz organisieren. Aktuelle Informationen finden Reisende im Streikfall bei bahn.de/aktuell.

Wann habe ich bei einem Streik Anrecht auf eine Entschädigung?

Ist ein Zug stark verspätet oder fällt ganz aus, haben Bahnreisende ein Recht auf Entschädigung. Auch das wird durch die EU-Fahrgastverordnung geregelt.

Kommen Reisende eine Stunde zu spät an ihr Ziel, bekommen sie 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, bei mehr als 120 Minuten ist die eine Erstattung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises fällig.

Verspätungen beziehen sich immer auf die Ankunftszeit am Zielort. Heißt: Wenn Reisende zum Beispiel bei der Reise von Hamburg nach Gießen mit Umstieg in Kassel durch eine 15-minütige Verspätung beim Umsteigen den Anschluss verpassen und dadurch eine Stunde zu spät am Zielbahnhof ankommen, haben sie auch ein Anrecht auf Entschädigung. 

Allerdings: Nach der neuen EU-Fahrgastrechteverordnung müssen Bahnunternehmen seit Juni 2023 keine Entschädigungen mehr zahlen, wenn die Verspätung auf bestimmte "außergewöhnliche Umstände" zurückzuführen ist, die die Bahn nicht zu vertreten hat. Darunter fallen unter anderem Naturkatastrophen oder Verspätungen, die durch Dritte – wie Personen auf den Gleisen– verursacht werden. Bei Bahnstreiks müssen die Entschädigungen weiterhin gezahlt werden.

Ab einer Verspätung von 20 Minuten am Zielbahnhof können Bahnreisende einen anderen Zug nehmen. Das kann auch ein höherwertiger Zug sein – wenn er nicht reservierungspflichtig ist. Allerdings: Fahrgäste müssen hier zuerst die zusätzliche Fahrkarte beziehungsweise den Aufpreis für den Fernverkehr selbst zahlen. Und die höheren Kosten im Nachgang bei der Bahn zurückfordern. Achtung: Bei "erheblich ermäßigten" Fahrkarten, also beispielsweise Länder-Tickets oder einem Schönes-Wochenende-Ticket gilt diese Regelung nicht. Auch das Deutschland-Ticket fällt laut der Eisenbahnverkehrsordnung (§3 Abs. 4 EVO) unter die stark ermäßigten Tickets. 

Habe ich auch mit einer Zeitkarte ein Anrecht auf Entschädigung?

Auch bei einer Zeitkarte, wie einer Monatskarte, können Reisende bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten Geld zurückbekommen. "Bei Zeitkarten im Nahverkehr müssen die Verspätungen aufgeschrieben und am Ende des Monats beim Servicecenter für Fahrgastrechte gesammelt eingereicht werden. Dabei erhalten Fahrgäste für Zeitkarten im Nahverkehr: 1,50 Euro (2. Klasse), 2,25 Euro (1. Klasse)", informiert die Verbraucherzentrale. Allerdings werden Beträge unter vier Euro nicht ausgezahlt – es müssen also in der Regel mehrere Verspätungen aufgetreten sein.

Wie kann ich mir mein Ticket erstatten lassen?

Es wird von der Bahn empfohlen, sich Verspätungen immer von Mitarbeitenden des Unternehmens bestätigen zu lassen. An Streiktagen dürfte sich dies allerdings oft als mühselig erweisen. Die Verbraucherzentrale rät deswegen, die Verspätung durch Fotos von Anzeigetafeln oder einem Screenshot der Verspätungsinformationen in der App oder auf der Internetseite zu dokumentieren.

Entschädigungen können bei der Deutschen Bahn per Post mit einem ausgefüllten Fahrgastrechtformular und Belegen eingereicht werden oder im Reisezentrum abgegeben werden. Kund:innen, die online ein Ticket gekauft haben, können dies auch direkt in der App oder am Rechner in ihrem Kundenkonto machen. Weitere Informationen zur Online-Erstattung finden Sie hier.

Alle Rückerstattungen müssen innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Geltungsdauer der zugehörigen Fahrkarte geltend gemacht werden. Der erste Geltungstag ist auf dem Ticket vermerkt.

Was, wenn ich meine Fahrt wegen des Bahnstreiks nicht antreten oder abbrechen möchte?

Ist schon vor der Abreise klar, dass der Zug mindestens eine Stunde später als geplant am Ziel ankommt, dürfen Bahnreisende von der Reise zurücktreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen. Das gilt auch für ausgefallene Züge oder verpasste Anschlüsse.

Wer bereits unterwegs ist und die Fahrt abbricht, kann sich den nicht genutzten Teil erstatten lassen. Fahren Reisende zum Ausgangsbahnhof zurück, bekommen sie den vollen Preis zurück.

Seit der Reform der EU-Fahrgastrechte haben Reisende noch eine weitere Möglichkeit: Sie können die Fahrt mit einen anderen Verkehrsunternehmen zum Beispiel Flixtrain oder Flixbus fortsetzen/antreten. Die Kosten werden dabei erstattet, wenn das Bahnunternehmen dieser Weiterbeförderung mit einem anderen Anbieter zugestimmt hat. Oder Reisende "wurden von dem Bahnunternehmen nicht innerhalb von 100 Minuten nach der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit des verspäteten oder ausgefallenen Verkehrsdienstes oder des verpassten Anschlusses informiert, ob und wie sie mit geänderter Streckenführung weiterreisen können", schreibt die Verbraucherzentrale.

Was tun, wenn ich an einem Bahnhof strande?

Der Worst-Case für viele Reisende bei einem Streik: Sie sitzen an einem Bahnhof fest. Wer von der Bahn nicht auf anderem Weg an sein Ziel gebracht werden kann, dem muss durch das Unternehmen eine Unterkunft besorgt werden. Ebenso muss der Weg zum Hotel und am nächsten Tag zum Bahnhof organisiert werden. Diese Regelung gilt auch, wenn Reisende wegen "außergewöhnlicher Umstände" an einem Ort stranden. Dann kann das Bahnunternehmen die Unterbringung allerdings auf drei Nächte begrenzen.

Ausflüge mit dem Zug unter 5 Stunden 19.05

Wer sich selbst ein Hotel besorgen will, dem empfiehlt die Verbraucherzentrale, sich bei dem zuständigen Bahnunternehmen eine Bestätigung einzuholen, dass an dem Tag kein Zug mehr fährt und das Unternehmen auch nicht mit einer Unterkunft weiterhelfen kann. Die Hotelrechnung müssen Verbraucher:innen aufbewahren, um sie einreichen zu können. Die Bahn informiert auf ihrer Webseite darüber, dass Kosten eines Hotels bis 120 Euro online im Fahrgastrechtformular unter dem Punkt "Durch die Verspätung hatte ich zusätzliche Ausgaben | Ich konnte meine Reservierung nicht nutzen" eingetragen werden können. Bei Kosten, die höher als 120 Euro sind, müssen die Originalbelege per Post eingereicht werden.

Quellen: Verbraucherzentrale 1, Verbraucherzentrale 2,Deutsche Bahn, Deutsche Bahn 2, Eisenbahnverkehrsordnung, EU-Fahrgastrechtverordnung

Читайте на 123ru.net