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Lastenrad-Debakel: "Wenn es blöd läuft, haben Babboe-Kunden einfach Pech gehabt"

Stern 

Wegen schwerer Sicherheitsmängel sollen Babboe-Kunden ihre Lastenräder vorerst nicht benutzen. ADAC-Experte Klaus Heimgärtner erklärt, ob Kunden ihr Geld zurückbekommen können.

Die niederländische Lastenrad-Marke Babboe gehört gerade bei Eltern zu den beliebtesten im Markt. Doch wegen einer Reihe ungeklärter Rahmenbrüche riefen die niederländischen Behörden vergangene Woche zahlreiche Modelle zurück und verhängten einen kompletten Verkaufsstopp für alle Babboe-Räder (mehr dazu lesen Sie hier).

Den Verkaufsstopp hat Babboe auch auf Deutschland ausgeweitet, wie der Hersteller auf der Homepage mitteilt. In einer Mail, die Babboe am Wochenende an deutsche Kunden verschickte, betont das Unternehmen zudem, man schließe sich der Empfehlung der niederländischen Behörden an, die beanstandeten Modelle "vorerst nicht zu verwenden". Wie sicher sind Babboe? 18.17

Bekommen Babboe-Kunden ihr Geld zurück?

Und nun? "Wir gehen davon aus, dass wir Sie in naher Zukunft über die nächsten Schritte und einen möglichen Rückruf informieren können", schreibt Babboe lediglich. Reichlich unbefriedigend für Kunden, die eine vierstellige Summe investiert haben und auf das Gefährt im Alltag angewiesen sind. Klaus Heimgärtner, Anwalt für Verkehrsrecht und Verbraucherschutz beim ADAC, erklärt die Rechtslage.

Herr Heimgärtner, Babboe hat auch Kunden in Deutschland über den Verkaufsstopp seiner Lastenräder informiert und empfiehlt, die beanstandeten Modelle vorerst nicht zu verwenden. Aber muss Babboe den Kunden nicht auch eine Lösung für das Problem präsentieren?

Wenn das Produkt einen Mangel hat, der zu Personenschäden führen kann, ist der Hersteller verpflichtet, seine Kunden zu warnen. Das kennen wir aus der Kfz-Branche. Wenn er nicht informiert, und es passiert ein Unfall, macht er sich schadenersatzpflichtig. Mit dem Hinweis "Fahr nicht" hat er den Produktsicherheitsvorschriften erstmal Genüge getan. 

Babboe-Räder kosten so viel wie ein Gebrauchtwagen. Kann ich als Kunde jetzt mein Geld zurückfordern?

Das ist zunächst mal keine Sache zwischen Hersteller und Kunde, sondern zwischen Verkäufer und Kunde. Es gelten die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche – zwei Jahre bei neuen Rädern, mindestens ein Jahr, wenn ich es gebraucht vom Händler gekauft habe. In dieser Frist kann ich mich an den Händler wenden und eine Beseitigung von Mängeln verlangen. Wenn er die nicht leisten kann, kann ich vom Vertrag zurücktreten.

Aber reicht die Meldung, dass es anderswo zu Rahmenbrüchen gekommen ist, um selbst einen Sachmangel zu reklamieren? Ob an meinem Rad speziell etwas nicht in Ordnung ist, weiß ich ja gar nicht.

Das ist in der Tat schwierig. Wenn bei einem Rad der Rahmen bricht und bei 99 nicht, ist es sehr fraglich, ob ich mich darauf stützen kann. Wenn der Händler sagt, an deinem Rad ist nichts gebrochen, die latente Gefahr reicht nicht aus, dann müsste ich als Kunde im Zweifel einen Rechtsstreit führen. 

Mit welchen Erfolgschancen?

Wie ein Richter entscheiden würde, ist offen. Ob es ratsam ist, einen Rechtsstreit mit meinem Fahrradhändler anzufangen, ist zumindest fraglich.

Und wenn ich mich direkt an den Hersteller wende? Babboe bietet laut Homepage fünf Jahre Garantie auf Konstruktions- und Materialfehler am Rahmen.

Auch eine Garantie gilt nur für tatsächlich aufgetretene Mängel bzw. Defekte. Alles weitere wäre Kulanz. 

Ändert sich die Situation, wenn auch in Deutschland – wie in Holland – ein offizieller Rückruf erfolgt?

Das hängt davon ab, was mit dem Rückruf verbunden ist. Im Kfz-Bereich überlegen sich Hersteller und Marktüberwachungsbehörde meist eine technische Nachrüstung, mit der das Problem behoben werden kann. Ob das hier möglich wäre, weiß ich nicht. Im schlimmsten Fall kann die Rücknahme vom Markt angeordnet werden, der Hersteller muss dann versuchen, sein Produkt zurückzuerlangen. Ungeklärt ist dabei aber, zu welchem Betrag. Woom-Gründer Interview 20.30

Das heißt, Babboe-Kunden gucken in die Röhre?

Mir ist im Kfz-Bereich jedenfalls kein Fall bekannt, in dem Kunden bei Rückruf oder Rücknahme den Kaufpreis wieder bekommen haben. Im Lebensmittelbereich gab es das, als zum Beispiel in Keks-Packungen Metallteile gefunden wurden. Aber eine Packung Kekse kostet auch nicht viel, da können Firmen sich kulant zeigen. Die Marktüberwachungsbehörden können jedenfalls keine Entschädigung anordnen und ob Babboe sich freiwillige Entschädigungen in so großem Umfang leisten könnte, erscheint fraglich. Wenn es blöd läuft, haben Babboe-Kunden einfach Pech gehabt.

Was ist, wenn ich mein Babboe-Rad trotzdem weiter fahre und wegen eines Rahmenbruchs einen Unfall habe. Bin ich dann versichert?

Die Krankenversicherung zahlt natürlich, wenn Sie sich selbst verletzen. Mit der privaten Haftpflichtversicherung können Sie ein Problem bekommen. Wenn ich wegen einem Rahmenbruch am Rad einen Schaden bei Dritten verursache, obwohl der Hersteller mir gesagt hat, tu es nicht, es ist nicht sicher, kann das – abhängig von den Versicherungsbedingungen – wegen Pflicht- bzw. Obliegenheitsverletzungen zu Leistungskürzungen oder gar zur Leistungsverweigerung bei der privaten Haftpflichtversicherung führen.

Also das Babboe-Rad lieber stehen lassen?

Das muss jeder für sich überlegen. Wir haben beim ADAC bisher keine Fälle von Rahmenbrüchen erlebt. Andererseits verhängt die Behörde in den Niederlanden nicht grundlos Verkaufsverbot und Rückruf. Was genau zu den gemeldeten Rahmenbrüchen geführt hat, wie wahrscheinlich diese sind und wie plötzlich sie auftreten, wissen wir leider auch noch nicht.

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