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Appell an die Regierung: Thürigens Innenminister Maier: "Es kann nicht sein, dass die Bezahlkarte wieder auf der Kippe steht"

Stern 
Appell an die Regierung: Thürigens Innenminister Maier:

In der Ampel-Koalition wird über die Bezahlkarte für Asylbewerber gestritten. Sehr zum Unmut von Thüringens Innenminister Georg Maier. Der SPD-Politiker richtet einen deutlichen Appell an die Regierung.

Die Bezahlkarte für Asylbewerber sorgt für Streit in der Ampel: Soll das Instrument, auf das sich Bund und Länder im November verständigt hatten, auch per Bundesgesetz geregelt werden? Die Grünen sehen dafür keine Notwendigkeit, zum Unmut von SPD und FDP. Damit steht eine bundeseinheitliche Lösung auf der Kippe. Thüringens Innenminister Georg Maier, SPD, zeigt sich genervt vom erneut öffentlich ausgetragenen Koalitionskonflikt – und richtet deutliche Worte an alle Beteiligten.

Herr Maier, es gibt abermals Streit um die Bezahlkarte für Asylbewerber. Wie würden Sie einem Laien erklären, wo plötzlich das Problem liegt?
 
Offenbar haben die Grünen Bedenken, ob die Einführung der Bezahlkarte und Details zu ihrer Ausgestaltung auch per Bundesgesetz geregelt werden sollen oder nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, warum eine bundeseinheitliche Regelung plötzlich wieder ein Problem darstellt. Ich halte das für sehr sinnvoll.
 
Jedes Bundesland kann eine Bezahlkarte einführen und die Details selbstständig regeln. Die Einführung auch per Bundesgesetz zu regeln braucht es daher doch gar nicht. Oder?
 
Der Bund und die allermeisten Länder haben sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz darauf verständigt, eine Bezahlkarte mit einheitlichen Standards einzuführen. Aus gutem Grund. Ich halte es für sinnvoll, wenn die Bezahlkarten bundesweit funktionieren und nicht 16 verschiedene Modelle kursieren. Das hat nur Vorteile. Die Länder bleiben bei der konkreten Ausgestaltung der Karte trotzdem flexibel.
 
Trotzdem hakt es nun bei der Einführung im Bund. 
 
Wie gesagt: Es kann nicht sein, dass die bundeseinheitliche Bezahlkarte plötzlich wieder auf der Kippe steht. Das Bundesmodell ist als eine Art Debitkarte konzipiert, die von den allermeisten Ländern unterstützt wird. Außerdem bleibt den Ländern selbst überlassen, welche Leistungen sie über die Karte erlauben oder nicht. Zum Beispiel, wie viel Bargeld abgehoben werden kann oder wo die Karten konkret eingesetzt werden können. 

Bezahlkarte für Asylbewerber: Maier sieht "gute Gründe"  

Viele Länder wollen damit aber nicht warten. Auch in Thüringen wird die Bezahlkarte mancherorts schon getestet, mehrere Landkreise wollen sie eigenständig einführen.
 
Es gibt ja auch gute Gründe, eine Bezahlkarte einzuführen. Mit ihr lässt sich beispielsweise beschränken, wie viel Bargeld abgehoben werden und ins Herkunftsland geschickt werden kann. Das ist ein wichtiger Punkt, um eine sachgerechte Verwendung des Geldes sicherzustellen. Einige Landräte in Thüringen berichten, dass durch diese Beschränkung bereits einige Asylbewerber den Landkreis wieder verlassen hätten. Das kann ich zwar noch nicht bestätigen, für eine erste Bilanz sind die Karten noch nicht lange genug im Einsatz, aber von diesen Erfahrungen höre ich. 
 
Eine rasche Ampel-Einigung scheint eher nicht in Sicht. Die Grünen werfen dem Kanzleramt nun "schlechtes Management" vor, die FDP kritisiert eine Grüne-Blockadehaltung und droht indirekt mit dem Ende der Regierung. Wie lange geht das mit der Koalition noch gut?
 
Die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Meine eindringliche Bitte an alle Beteiligten ist, ihre Konflikte nicht in der Öffentlichkeit auszutragen – insbesondere vor den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland. Die Ampel muss sich intern abstimmen und dann gemeinsame Lösungen präsentieren. Der öffentliche Streit muss endlich aufhören. 
 
Was erwarten Sie vom Bundeskanzler? Muss Olaf Scholz ein Machtwort sprechen?
 
Machtworte nutzen sich ab, je häufiger man sie benutzen muss. Mein Appell richtet sich an alle drei Ampel-Parteien: Nicht jede Streitfrage darf gleich zur alles entscheidenden Koalitionsfrage erhoben werden. Es reicht vollkommen aus, Konflikte auf dem kurzen Dienstweg auszuräumen – im persönlichen Gespräch. Da braucht es kein Machtwort des Kanzlers, sondern ein gemeinsames Verständnis der Ampel, dass sie ihrem Anspruch einer "Fortschrittskoalition" auch gerecht werden will. Mit diesem Anspruch ist die Ampel in letzter Zeit leider nicht aufgefallen.

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