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"Wegweisendes Urteil" : Mogelpackungen: Gericht verbietet gängigen Füllmengentrick

Stern 

Gleiche Packung, weniger drin, lautet ein beliebter Trick für versteckte Preiserhöhungen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat einen der größten Margarine-Hersteller wegen Verbrauchertäuschung verklagt – und nun im Wesentlichen Recht bekommen.

Seit Jahren kämpft die Verbraucherzentrale Hamburg gegen sogenannte "Mogelpackungen". Nun haben die Verbraucherschützer ein Urteil mit Signalwirkung erstritten. Das Landgericht Hamburg gab einer Klage gegen den Margarine-Hersteller Upfield in der Sache recht: Das Prinzip weniger Inhalt bei gleicher Verpackung und ohne deutlichen Hinweis stellt demnach eine unzulässige Irreführung der Verbraucher dar (Az 406 HKO 121/22)

Die Verbraucherzentrale spricht von einem "wegweisenden Urteil in Sachen Mogelpackungen", das allerdings noch nicht rechtskräftig ist. Upfield kann gegen das am 13. Februar gesprochene Urteil Berufung einlegen. Der stern hat Upfield um eine Stellungnahme gebeten, die Antwort liegt noch nicht vor. Mogelpackung des Jahres 2022 10.48

Mogelpackung mit "Wiederholungsgefahr"

Im konkreten Streitfall ging es um ein Streichfett der Margarine-Marke Sanella. Bei diesem hatte Upfield die Füllmenge im Jahr 2022 von 500 Gramm auf 400 Gramm reduziert, es aber weiterhin in der identischen Packung verkauft und lediglich den vorgeschriebenen Füllmengenhinweis angepasst. Das hält nicht nur die Verbraucherzentrale, sondern auch das Landgericht für Verbrauchertäuschung.

Der Verkauf des Sanella-Streichfetts "ohne deutlich sichtbaren aufklärenden Hinweis über die geänderte Füllmenge" sei zumindest für eine Übergangszeit von drei Monaten "irreführend", schreibt das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Es sei davon auszugehen, dass der Verbraucher ein unverändertes Produkt erwarte und die geringere Füllmenge erst im Nachhinein bemerke.

Zwar muss Upfield die Füllmenge der Sanella aufgrund des Urteils nicht wieder erhöhen. Die Änderung liegt ja auch schon eine Weile zurück und eine dauerhafte Irreführung konnte das Gericht nicht erkennen. Es ist dem Hersteller aber unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 250.000 Euro verboten, den Füllmengentrick zu wiederholen. Die "Wiederholungsgefahr" sieht das Gericht insbesondere in dem Fakt, dass Upfield Sanella "im Laufe der Zeit in einer ganzen Reihe verschiedener Packungsgrößen und Füllmengen angeboten" habe. Verbraucherzentrale Mogelpackung_ 11.16

Verbraucherzentrale fordert gesetzliche Regeln

Die Verbraucherzentrale hält das Urteil, sofern es rechtskräftig wird, für einen wichtigen Schritt für mehr Verbraucherschutz bei versteckten Preiserhöhungen. "Mogelpackungen und versteckte Preiserhöhungen gehen nicht mehr so einfach, es muss zumindest im Übergang ein deutlicher Hinweis drauf, wenn sonst alles gleich geblieben ist", sagt Verbraucherschützer Armin Valet. Hauke Reinhardt von der Kanzlei Burchert und Partner Rechtsanwälte, die die Verbraucherzentrale in dieser Sache vertritt, erklärt dazu: "Es ist das erste Mal, dass sich ein Gericht gegen diese Form einer Mogelpackung ausgesprochen hat und ein erster Etappensieg für mehr Verbraucherschutz. Angesichts der Faktenlage konnte das Gericht dieser irreführenden Praxis nicht länger zuschauen."

Der Lebensmittelhersteller Upfield vertreibt neben Sanella weitere bekannte Marken wie Rama, Lätta und Becel. Das Streichfett von Rama, das seit einer Reduktion des Fettgehalts nicht mehr Margarine heißen darf, wurde bei einer Abstimmung der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des Jahres 2022" gekürt. Die Verbraucherschützer hatten hier zuvor ebenfalls Tricksereien bei der Füllmenge kritisiert. Upfield erklärte die Preiserhöhungen damals mit starken Kostensteigerungen. Die veränderte Füllmenge sei auf den Verpackungen "deutlich erkennbar".

Die Verbraucherzentrale sieht in dem aktuellen Gerichtsurteil aber nur einen ersten Schritt. Sie fordert generell strengere gesetzliche Regeln. Die Verbraucherschützer fordern, dass alte und neue Füllmengen für bis zu zwölf Monate auf der Packung angegeben werden, dass bei weniger Inhalt auch die Packung kleiner werden muss und dass Verpackungen prinzipiell voll befüllt sein müssen und nur in Ausnahmefällen ein technisch notwendiger Luftraum erlaubt bleibt.

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