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Gender Pay Gap: So groß ist die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen schon zum Berufseinstieg

Stern 
Gender Pay Gap: So groß ist die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen schon zum Berufseinstieg

Hängt der Gender Pay Gap in Wahrheit nur an unterschiedlichen Job-Biografien? Nein, sagt eine Stepstone-Auswertung. Schon beim Berufseinstieg ist die Gehaltslücke in vielen Branchen sichtbar.

Frauen verdienen in Deutschland weniger als Männer, dieser Fakt ist unumstritten. Wie genau der Gender Pay Gap zustande kommt, ist dagegen weit weniger klar. Einen Großteil der Gehaltsdifferenz führen Experten auf Faktoren wie Berufswahl und Erwerbsbiografie zurück. Aber selbst wenn man das herausrechnet, bleiben immer noch Unterschiede bestehen. 

Eine aktuelle Auswertung der Job-Plattform Stepstone zeigt, wie groß die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen in einzelnen Berufsgruppen von Anfang sind. Laut Analyse verdienen Job-Einsteigerinnen schon in ihren ersten drei Berufsjahren im Schnitt 4,8 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Bei dem Wert handelt es sich um den bereinigten Gender Pay Gap, bei dem strukturelle Unterschiede – wie Qualifikation, Tätigkeit, Arbeitsumfang, Branche – schon herausgerechnet sind. Die unbereinigte Lohnlücke liegt für die Berufsanfängerinnen sogar bei 6,9 Prozent. Paid Gehalt Businessjobs 18.11

Nach Herausrechnen von Unterschieden bei Qualifikation etc. zeigt sich: In allen betrachteten Berufsgruppen existiert ein (bereinigter) Gender Pay Gap. Dieser fällt allerdings sehr unterschiedlich aus. Am größten ist die Gehaltslücke mit 7,9 Prozent im Handwerk. Aber auch im Groß- und Einzelhandel sowie Vertrieb und Verkauf verdienen Berufseinsteigerinnen 7 Prozent weniger als die Männer. In der Beratung beträgt die Lücke 6,6 Prozent, im Ingenieurwesen 5,3 Prozent und in Finanz- und Versicherungsberufen 4,7 Prozent. In anderen Bereichen ist der Unterschied kleiner, im Personalwesen sind die jungen Männer und Frauen praktisch gleichauf (siehe Tabelle).

Die Daten stammen aus dem Stepstone-Gehaltsreport, für den mehr als 900.000 Vergütungsdaten aus den Jahren 2021 bis 2023 ausgewertet wurden.

Tabelle: Gehaltslücke zwischen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern*

BerufsgruppeGender Pay Gap
Banken, Finanzen, Versicherungen4,7%
Beratung6,6%
Gastronomie & Hotellerie2,6%
Gesundheits- und Sozialwesen (inkl. Ärzte)2,7%
Groß- und Einzelhandel7%
Handwerk7,9%
Ingenieurwesen5,3%
IT3,6%
Logistik5%
Marketing & PR2,6%
Personal0,3%
Vertrieb & Verkauf7%
Alle4,8%

*weniger als drei Jahre Berufserfahrung, um strukturelle Unterschiede bereinigt; Quelle: Stepstone 

Job-Genderstudie 11.36Gender Pay Gap steigt im Laufe des Berufslebens

Auch das Statistische Bundesamt berechnet regelmäßig den Gender Pay Gap in Deutschland. Der unbereinigte Gender Pay Gap stellt lediglich nüchtern den durchschnittlichen Stundenlohn von Männern und Frauen gegenüber. Im Jahr 2023 verdienten Frauen demnach im Schnitt insgesamt 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer – unabhängig davon, was und wie lange sie schon arbeiteten. Der Wert ist seit vier Jahren unverändert.

Einen beträchtlichen Teil der Gehaltslücke erklären die Statistiker durch sogenannte strukturelle Faktoren – etwa, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, die generell schlechter bezahlt werden. Bei vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien verdienen Frauen immer noch 6 Prozent weniger als Männer, das ist der bereinigte Gender Pay Gap.

Auch dieser eigentliche Pay Gap ist nicht direkt mit Diskriminierung durch Chefs gleichzusetzen, die Frauen mit weniger Gehalt abspeisen. Die amtlichen Statistiker verweisen auf weitere "lohnrelevante Einflussfaktoren" über die keine Informationen vorlägen, "etwa Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen". Dass solche Punkte eine Rolle spielen, liegt nahe, denn die Daten zeigen, dass sich die Schere beim Verdienst im Verlauf des Berufslebens immer weiter öffnet.

Die Stepstone-Auswertung verdeutlicht allerdings, dass schon zum Berufseinstieg geschlechterspezifische Unterschiede bestehen. "Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass wir im 21. Jahrhundert immer noch Gehaltsunterschiede aufgrund des Geschlechts haben", sagt Arbeitsmarktexperte Tobias Zimmermann von Stepstone. Er fordert von den Arbeitgebern mehr Transparenz bei den Gehältern schon im Bewerbungsprozess.

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