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Jobsuche: Bewerbung per Whatsapp: Der neue Weg für Firmen, Personal zu finden

Stern 
Jobsuche: Bewerbung per Whatsapp: Der neue Weg für Firmen, Personal zu finden

Immer mehr Unternehmen setzen bei der Mitarbeitersuche auf Whatsapp. Kann das funktionieren? Wie der Kanal sowohl Bewerbern als auch Firmen dabei hilft, die Jobsuche zu erleichtern.

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Einen neuen Job zu finden, kann mühsam und frustrierend sein: Bewerber quälen sich mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen. Unternehmen laden zum Vorstellungsgespräch ein, sagen dann "Wir melden uns" – und lassen doch nie wieder etwas von sich hören. Seit einigen Jahren wird deshalb eine Antithese zum altbekannten und formellen Prozess immer beliebter: die Bewerbung über den Nachrichtendienst Whatsapp. Zwar ist das bei den meisten Unternehmen noch Zukunftsmusik – doch immer mehr Personalabteilungen setzen bei der Mitarbeitersuche auf Social Media.

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Die Beliebtheit dieses neuen Weges hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 2022 wurden bereits 42 Prozent aller erfolgreich besetzten Stellen auch über soziale Netzwerke angeboten. Die relevanten Plattformen dabei sind vor allem Facebook, Whatsapp und Xing. 2015 hatte der Wert nur bei 15 Prozent gelegen. Dies ergab eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Ein weiterer Befund: Bei jeder vierzehnten Stelle war Social Media inzwischen sogar der entscheidende Besetzungsweg.

Traditionelle Branchen nutzen Whatsapp

Alexander Kubis, Arbeitsmarkt-Experte beim IAB, erklärt die Bedeutung des Trends: "In rund sieben Prozent der sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungsprozesse ist die Nutzung sozialer Medien also mittlerweile entscheidend für die Personalfindung." Inzwischen seien soziale Netzwerke bereits das viertwichtigste Instrument zur Mitarbeitersuche nach persönlichen Kontakten, Internet-Jobbörsen und der eigenen Homepage des Unternehmens.

Erstaunlich ist: Vor allem eher traditionelle Branchen nutzen den neuen Weg. So plant zum Beispiel Transdev, ein privates Unternehmen im Bereich Bahn- und Busverkehr, noch in diesem Monat ein entsprechendes Pilotprojekt zu starten. Zunächst möchte das Unternehmen Busfahrer gezielt ansprechen. Ebenso gaben der Reisekonzern Tui und der Paketdienst Hermes bekannt, dass sie ähnliche Versuche vorbereiten.

Bei Transdev erklärt man den neuartigen Prozess wie folgt: Nach dem Scannen eines QR-Codes müssen die Bewerber einige vordefinierte Fragen beantworten und können die Bewerbung dann direkt per Whatsapp an die Personalabteilung senden. Der gesamte Bewerbungsprozess soll somit über Whatsapp möglich sein. Allerdings wird die Kontaktaufnahme des Unternehmens mit dem Bewerber oder der Bewerbin nach diesem Schritt wieder auf herkömmlichem Wege erfolgen, nämlich per Telefon.

Wie die Whatsapp-Bewerbung funktioniert

Beim Bremer Hafenlogistiker BLG begann eine erste Testphase bereits im Januar. Gesucht werden dabei zunächst Kraftfahrer und Lagerlogistiker. "Aktuell sind wir in einer Testphase mit einigen ausgesuchten Vakanzen, die eine Bewerbung per WhatsApp zulassen. Es haben uns bereits Bewerbungen über WhatsApp erreicht", teilt das Unternehmen Capital mit. Für eine konkrete Auswertung über den Erfolg der Maßnahme sei es allerdings noch zu früh. Eine interne Arbeitsgruppe arbeite daran, den Kanal weiter zu verbessern. So soll neben einem QR-Code auch ein digitaler Button implementiert werden, damit Bewerberinnen und Bewerber vom Mobiltelefonen aus auch direkt einen Chat starten können.

Die Technik hinter dem neuen System: BLG hat eine Schnittstelle von Whatsapp zu dem Bewerbermanagementsystem des Unternehmens eingerichtet. Das bedeutet, eine Nachricht, die ein Bewerber über Whatsapp an BLG schickt, landet direkt in diesem System. Dort wird die Nachricht von der Personalabteilung direkt bearbeitet und beantwortet. "Im System legen wir die Bewerberin dann in der Vakanz an, auf die sie sich beworben hat, fügen dort auch eventuell mitgeschickte Anhänge hinzu und behandeln sie wie jeden anderen Bewerber auch, nur dass wir die Möglichkeit haben, aus dem System heraus mit ihr zu chatten", erklärt eine Sprecherin des Unternehmens.

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Alle datenschutzrechtlichen Aspekte seien im Vorfeld intensiv geprüft worden. Der Dienstleister, der die Schnittstelle zu Whatsapp bereitstellt, sei nach der Norm "ISO 27001" zertifiziert und arbeite DSGVO-konform. Bewerberinnen und Bewerber müssten vorab eine Datenschutzerklärung akzeptieren.

Seit 2019 im Einsatz ist die Bewerbung per Whatsapp auch bei der DHL Group, zu der die Deutsche Post gehört. Den Messenger setze man vor allem für den ersten Kontakt ein, so eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. "Unserer Erfahrung nach ist es ein unkomplizierter Weg der Kontaktaufnahme, um etwa schnell Fragen zu klären. Die Hemmschwelle scheint geringer als bei Telefon oder Brief, insbesondere für jüngere Zielgruppen."

Experten sehen das Potenzial von Whatsapp und Linkedin

Bewerbungsexperte Jochen Mai, der die Online-Plattform "Karrierebibel" betreibt, sagt zu Capital: "Whatsapp ist sicher ein Kanal mit Zukunft, weil Meta sein Angebot für die gewerbliche Nutzung noch mal deutlich erweitert hat", so Mai. "Die Öffnungsraten von Whatsapp-Nachrichten liegen im Schnitt bei über 90 Prozent. Zum Vergleich: Bei E-Mails sind es gerade mal 20 Prozent." Aufgrund des Fachkräftemangels nehme das sogenannte Active Sourcing seit Jahren zu: Personaler suchen vor allem in sozialen Medien nach Talenten und Fachkräften.

"Linkedin ist dafür heute der Hauptkanal", so Mai. "Whatsapp könnte in Zukunft eine größere Rolle spielen. Aber: Es kommt immer auf den Medien-Mix und die Zielgruppe an." So werden zum Beispiel auch Stellenanzeigen seit vielen Jahren totgesagt und seien es bis heute nicht – ebenso wenig Jobmessen. Zur aktiven Personalsuche gehöre aber genauso ein erfolgreiches Employer Branding, das Talente anlockt. Dabei wiederum spielen vor allem sogenannte Corporate Influencer eine immer wichtigere Rolle, weil sie eine höhere Glaubwürdigkeit besitzen als Werbeversprechen.

Auch Arnim Köpke vom IT-Dienstleister Rexx Systems sagt, dass soziale Netzwerke bei der Personalsuche immer wichtiger werden. "Alleine durch die große Reichweite und die zunehmende Bedeutung von Social Media." Die heutigen Jugendlichen seien damit aufgewachsen. Für Unternehmen werde es schon deshalb immer wichtiger, dass Bewerbungsprozesse schnell, unkompliziert und vor allem effektiv ablaufen. "Auch die Generation Z, die sehr auf Mobilität und Social Media setzt, ist dadurch leichter zu erreichen", so Köpke zu Capital.

Für den Fachkräftemangel sei das zwar nicht unbedingt die erstbeste Lösung. Aber gerade in Branchen mit relativ einfachen Jobprofilen wie in der Gastronomie oder im Einzelhandel sei eine schnelle und einfache Bewerbungsmöglichkeit sehr wichtig.

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