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USA-Reise: Wie Robert Habeck in Washington hilft, einen Deutschen auf den Mond zu bringen

Stern 
USA-Reise: Wie Robert Habeck in Washington hilft, einen Deutschen auf den Mond zu bringen

Vizekanzler Robert Habeck wirbt in den USA für eine enge deutsch-amerikanische Kooperation – auch bei der Mondlandemission „Artemis“. Die beiden deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer hat er darum mitgenommen.

Wenn Robert Habeck nach Washington fliegt, geht es natürlich um das Riesen-US-Investitionsprogramm IRA, um drohenden Protektionismus, Flüssiggas und die Rückkehr der orangenen Gefahr namens Trump. Aber es gibt einen zweiten Schwerpunkt auf dieser nunmehr dritten USA-Reise des deutschen Vizekanzlers: Robert Habeck will dabei helfen, dass schon bald der erste deutsche Astronaut oder die erste deutsche Astronautin auf den Mond fliegt. 

Die Amerikaner haben das Mondlandeprogramm „Artemis“ gestartet, um in den nächsten Jahren in mehreren Missionen zu unserem nächsten Nachbarn zu fliegen. Deutschland ist der stärkste Unterstützer des Programms, finanziell, auch technisch. Es sei deutsche Technik, die „die lebensnotwendigen Voraussetzungen für die Astronauten bereitstellt“, sagt Habeck, „und ich werde dafür werben, dass als europäische Partner deutsche Astronauten mit zum Mond fliegen können.“

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Habeck hat zwei Astronauen mit an Bord

Deshalb hat Habeck nicht nur Anna Christmann, die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, mit nach Washington genommen, sondern auch die beiden Männer in blauen Fliegerjacken der ESA, die der Wirtschaftsminister noch auf dem Rollfeld in Berlin mit nachgerade kindlicher Begeisterung begrüßte: die beiden deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer.

„Der Mond ist tatsächlich unser achter Kontinent“, sagt Alexander Gerst. „So wie es vor 100 Jahren die Antarktis war, die erst neu entdeckt werden musste für die Wissenschaft, ist es jetzt der Mond.“ Er schwärmt von Forschungsstationen, die es dort „schon in wenigen Jahrzehnten“ geben werde. Und er warnt, dass der Mond eben auch ein „Wirtschaftsraum“ sei – „und da ist es wichtig, dass wir als Europäerinnen und Europäer mit dabei sind und nicht hinten runterfallen bei zukünftigen Missionen im Erdorbit und Richtung Mond.“

Genau darum geht es bei dieser höchst irdischen Mission. Gemeinsam mit Habeck und Christmann treffen die Astronauten an diesem Donnerstag Chirac Kerik, den Chef des National Space Council, der alle amerikanischen Weltraumaktivitäten koordiniert und direkt der Vizepräsidentin Kamala Harris untersteht. Die Teilnahme an drei Mondmissionen sei den Europäern versprochen worden – Deutschland als größter Partner sollte auf jeden Fall dabei sein. Zeit, zumindest zu versuchen, Nägel mit Köpfen zu machen.

Erfolg und Misserfolg der Mission hängen am deutschen Modul 

Immerhin haben die Europäer den Amerikanern mehr als nur „etwas“ zu bieten, die Europäische Weltraumagentur ESA liefert ein wichtiges Service-Modul, entwickelt und gefertigt in Bremen. Es sei das erste Mal in der Geschichte der Nasa, dass einem ausländischen Partner ein so wichtiger Teil des Projektes anvertraut wird; ein Teil, der zum sogenannten „kritischen Pfad“ gehört, an dem Erfolg oder Misserfolg der gesamten Mission hängen. Nicht nur Habeck sieht darin ein Zeichen größter Wertschätzung und Vertrauen in die Fähigkeiten deutscher Ingenieurskunst.

Dazu kommt das neue Ausbildungs- und Trainingszentrum in Köln, das im September eröffnet und auch US-Astronauten offenstehen wird. Eine komplette siebentägige Mondmission soll sich dort absolvieren lassen – unter realen Bedingungen. Und längst sind weitere Kooperationen geplant, beim Weltraumobservatorium, bei der Messung von Gravitationswellen oder einer Mission zur Venus. „Wir möchten natürlich auch langfristig denken“, sagt Matthias Maurer. 

Das Space Age hat gerade erst begonnen

Hört man den Astronauten zu, hat das Space Age gerade erst begonnen. „Die Raumfahrt entwickelt sich gerade so, wie das Internet vor 20 Jahren“, schwärmt Maurer. Ein echtes Gründerzeitalter sei angebrochen, inklusive Goldgräberstimmung. Und wenn man auf Dauer nicht in die Abhängigkeit von Weltraumunternehmern wie Elon Musk oder Jeff Bezoz geraten will, geht – besser: fliegt – man lieber selbst voran.

Hier kommt Anna Christmann ins Spiel, die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt in Habecks Ministerium. Sie soll unter anderem dafür sorgen, dass die Kooperation der ESA mit der Nasa auch zu möglichst großen wirtschaftlichen Erfolgen in Deutschland führen möge. Zu Gründungen von Startups, die Hightech für den Space entwickeln, Satelliten bauen oder kleine Raketen, um diese ins All zu bringen, sogenannte Micro Launcher. Alles schon in Arbeit. In Deutschland. Es ist ein Milliardenmarkt, der sich höchst dynamisch entwickelt. Der Gesamtumsatz der weltweiten Raumfahrtökonomie ist von 2010 bis 2021 um 70 Prozent gewachsen, auf sagenhafte 469 Milliarden Dollar.

„Warum ausgerechnet zum Mond?“

Nur warum eigentlich ausgerechnet zum Mond? Da waren wir (oder zumindest die Amerikaner) doch vor 50 Jahren schon. Alexander Gerst zieht wieder den Antarktis-Vergleich: Nach dem Wettrennen darum, wer den Pol als Erster erreicht, herrschte lange Zeit wieder Ruhe im ewigen Eis. Die Fahne der Eroberer flatterte im Wind, wozu erneut viel Geld und Mühe investieren? 

So dachte man, bis Wissenschaftler begannen, sich intensiver mit der Antarktis zu befassen, die Forschung vorantrieben und Jahrzehnte später einen regelrechten Antarktis-Boom auslösten. So wie das Eis auf der Erde wichtige historische Klimadaten enthält, so birgt die Mondoberfläche Geheimnisse zur Geschichte der Erde – der Mond, im Grunde ein riesiges Archiv.

Und vielleicht schaffen die Europäer die 400.000 Kilometer lange Reise irgendwann sogar ganz ohne US-Hilfe. „Wir Europäer können das auch, die Technik haben wir“, sagt Matthias Maurer. „Wir müssen das nur umsetzen wollen.“

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