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Akkus als Hoffnungsträger: Elektroautos sind auch im Winter erheblich sparsamer als jeder Diesel oder Benziner

Stern 

In Laboren wird an Akkus geforscht, denen Kälte nichts ausmacht. Die Ergebnisse sind vielversprechend.

Kürzlich erschreckte der ADAC mit einem Wintertest. Er fuhr 15 verschiedene Elektroautos bei minus sieben Grad und maß deren Mehrverbrauch im Vergleich zum Sommer. Am schlechtesten schnitt ein VW ID.5 ab (plus 107 Prozent), am besten der chinesische BYD Atto 3 (38 Prozent). Allerdings: Die Teststrecke war extrem kurz und der Vergleichswert wurde bei 23 Grad plus ermittelt; das ist eine absolute Wohlfühltemperatur für Akkus. 

Auch der norwegische Automobilverband Norges Automobil-Forbund (NAF) wollte es wissen und testete 23 Modelle bei minus zwei bis minus zehn Grad plus Sturm. Das Ergebnis fiel milder aus. Der Verbrauch wich maximal 34 Prozent vom WLTP-Wert ab (das ist der Verbrauch, der in den Prospekten steht). Zu den Verlierern zählte das als effizient geltende Tesla Model 3 mit rund 30 Prozent Verlust, es schaffte aber trotzdem 441 Kilometer. Auf Platz zwei landete der BMW i5 (minus zwölf Prozent). 

Alle Autos schlucken mehr Energie im Winter, das ist Physik. Auch Verbrenner müssen durch eine Kaltlaufphase, wo Öl und Fette noch zäh sind und viel Wärme abgeht. In dieser Phase steigt laut dem TÜV Nord der Verbrauch leicht auf das Anderthalb- bis Zweifache. Wer bei Kälte nur wenige Kilometer zur Arbeit pendelt, kennt die Maßlosigkeit seines kalten Gefährts. Rechnet man Heizung, Winterreifen und andere Verbraucher hinzu, steigt der Energiebedarf bei Verbrennern im Winter im Schnitt um ein bis zwei Liter. Bei kleinen und mittleren Autos entspricht das 15 bis 30 Prozent Mehrverbrauch.

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Trotz Mehrverbrauch: E-Autos haben die Nase vorn in Sachen Sparsamkeit

Unterm Strich sind Elektroautos auch im Winter erheblich sparsamer als jeder Diesel oder Benziner. Wenn ein wohlig geheizter und flink bewegter Tesla Model 3 in der kalten Jahreszeit 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer verbraucht, entspricht das dem Energiegehalt von gerade einmal rund zwei Liter Diesel. Bei Verbrennern ist diese Genügsamkeit undenkbar.

Forscher arbeiten seit Langem daran, Akkus auch im Winter bei voller Leistung zu halten. Das Problem ist die Chemie, vor allem bei den verbreiteten Lithium-Ionen-Batterien. In ihnen wandern Lithium-Ionen zwischen den Polen, um Energie zu erzeugen. Sie werden mit sinkenden Temperaturen immer langsamer. Physikalisch ausgedrückt: Der Innenwiderstand steigt, und die Reichweite sinkt. Moderne E-Autos verfügen über ein Akku-Management, das die Batterie vor dem Laden auf eine ideale Temperatur ab etwa 25 Grad bringt. Allerdings frisst das Aufwärmen selbst einige Kilowattstunden und damit Reichweite.

Deswegen suchen Hersteller nach alternativer Chemie, der Kälte nichts anhaben kann. Der chinesische Batteriekonzern CATL hat bereits durch einen neuen Elektrolyt den Wirkungsgrad von Lithium-Akkus bei minus 20 Grad um 50 Prozent erhöht. In nur zehn Minuten soll die Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) 400 Kilometer Reichweite nachladen können, im Winter binnen 30 Minuten.

Hoffnungsträger sind Batterien ohne Lithium

Der chinesische Hersteller Greater Bay Technology will mithilfe sogenannter Supraleiter den Akku binnen fünf Minuten von minus 20 auf plus 25 Grad schadlos aufheizen können. So entsteht kein Reichweiteverlust im Winter. Ladetempo: in sechs Minuten bis auf 80 Prozent. Lebensdauer: 800 000 Kilometer. Schon in diesem Jahr soll die Serienproduktion anlaufen.

Als Hoffnungsträger gelten auch Natrium-Ionen-Akkus, die ohne Lithium, Kobalt und Nickel auskommen. Sie taugen zunächst vor allem für kleinere Fahrzeuge, denn sie haben eine etwas geringere Energiedichte. Dafür verfügen sie selbst bei minus 20 Grad noch über 90 Prozent Kapazität, ohne aufgewärmt werden zu müssen. Das schwedische Unternehmen Northvolt hat große Fortschritte mit ihnen erzielt und will sie ab 2026 auch in Deutschland im Kreis Dithmarschen produzieren. Der chinesische Hersteller JAC baut sie sogar schon in Autos ein.

Wohl erst in drei, vier Jahren sind Festkörperakkus marktreif. Diese arbeiten mit Lithium-Ionen, aber ohne eine Flüssigkeit, in der die Ionen zwischen den Polen wandern. Stattdessen kommt etwa eine feste, leitfähige Keramikschicht zum Einsatz. Vorteil: Die Akkus können bei gleicher Größe 30 bis 40 Prozent mehr Energie aufnehmen als ihre Vorgänger und sind temperaturunempfindlicher. Stellantis (Opel, Fiat, Citroën, Peugeot) will 2026 erste Feststoffbatterien einsetzen.

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