World News in German

Sachsen-Anhalt: Neonazi-Klub verbreitet Angst und Schrecken: DSG Eintracht Gladau nimmt weiter am Spielbetrieb teil

Stern 

Seit Jahren ist der Kreisliga-Verein aus Gladau in Sachsen-Anhalt von Rechtsextremisten unterwandert, bei Spielen kam es zu gewalttätigen Vorfällen auf und neben dem Platz. Trotzdem scheiterte der Ausschluss aus dem Spielbetrieb.

In Sachsen-Anhalt darf ein von Rechtsextremisten unterwanderter Verein weiter am Spielbetrieb der Kreisoberliga teilnehmen. Das hat das Verbandsgericht des Landesfußball-Verbands (FSA) am Dienstag entschieden. Auch sämtliche Auflagen für die DSG fallen weg. Zuvor hatte der Klub aus dem Landkreis Jerichower Land gegen den im November gefassten Beschluss des FSA-Vorstands, ihn auszuschließen und die Spielerlaubnis zu entziehen, Rechtsmittel eingelegt. 

Für den Verband galt es als erwiesen, dass Eintracht Gladau fest in der Hand von Neonazis ist. Bei Spielen soll es zu mehreren Gewaltvorfällen gekommen sein, es sollen Hiltergrüße beim Abrennen von Bengalos gezeigt worden sein. Doch angeblich fehlten handfeste Beweise, um Gladau zu sanktionieren. Der FSA hatte eine ganze Mappe mit Social-Media-Einträgen und Zeugenaussagen präsentiert, doch das reichte dem Verbandsgericht nicht, weil es nur Indizien, aber keine Beweise seien.

Angst vor Rechtsextremisten ist im Jerichower Land groß

Das Urteil ist dem Vorsitzenden des Verbandsgerichts, Frank Knuth, unangenehm: "Privat hätte ich nichts lieber getan als das", sagte er. Genauso frustriert zeigte sich Holger Stahlknecht, Präsident des FSA und früherer Innenminister von Sachsen-Anhalt. "Dieses Urteil zeigt, wie schwer es ist, Extremismus zu bekämpfen", ließ der CDU-Politiker in einer Stellungnahme des Verbands mitteilen: "Der Fußballverband Sachsen-Anhalt wird, um Schaden von den Vereinen und den Fußballverband abzuwenden, weiterhin eine glasharte Linie beibehalten. Dies sind wir einer wehrhaften Demokratie und auch dem Ansehen des Landes Sachsen-Anhalt schuldig."

Der FSA hatte in den Belegen unter anderem das Schreiben eines Vereins präsentiert, der im vergangenen September um polizeiliche Begleitung vor der Begegnung mit Gladau gebeten hatte. Darin heißt es: "Leider traut sich niemand etwas zu unternehmen. Die Schiedsrichter, der Kreisfußballverband Jerichower Land und die Ver­eins­angehörigen haben Angst vor den potenziellen Konsequenzen, die ihnen durch Spieler und Angehörige der DSG Eintracht Gladau blühen. Eine namentliche Nennung schließen die Geschädigten aus, da sie eben zu viel Angst davor haben, nächtliche ungebetene Besuche zu erhalten.“

Die Angst vor den Rechtsextremisten ist im Jerichower Land groß. In einem Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunks von Anfang des Jahres wollten sich sämtlich Zeugen nur anonym äußern. "Ich glaub dahinter steht die Angst, vielleicht aber auch die Erfahrung, dass der Arm von Dennis Wesemann unter Umständen lang sein kann. (...) Man kann sich in dieser Gegend nicht aus dem Weg gehen."

Ein bekannter Neonazi hat den Verein unter Kontrolle gebracht

Der Rechtsextremist Dennis Wesemann steht bei den Vorgängen um die DSG im Mittelpunkt des Geschehens. Einst hatte das Mitglied der Magdeburger Hooligan-Gruppe Blue White Street Elite (B.W.S.E., mittlerweile verboten) den Verein FC Ostelbien Dornburg gegründet und ihn zu einem Sammelbecken für Neonazis gemacht – bis der Verein verboten wurde. In der Folge suchte sich Wesemann, der sein Geld mit dem Verkauf von Kleidung für Neozazis und Hools (Uglyshirt87) verdient, einen neuen Fußballverein in der Region – und trat 2016 dem DSG Eintracht Gladau bei – ohne große Widerstände.STERN PAID Rechtsrock Konzert Ostfriesland 08.18

Seitdem hat Wesemann die Eintracht unter seine Kontrolle gebracht. Sein Bruder Paul Wesemann ist laut "MDR"-Recherchen ebenfalls Vereinsmitglied, Cousin Max Kuckuck Vorsitzender. Der Verfassungsschutz bestätigte, dass mehrere Rechtsextremisten für Gladau spielen. Zu den Partien tauchen regelmäßig Männer aus dem entsprechenden Umfeld auf. 

In der Stellungnahme nach dem Urteil, die der Verein auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, stellte man sich als unschuldiges Opfer dar. Angeblich seien Kinder von Vereinsmitgliedern ausgegrenzt und bespuckt worden, die Medien hätten "Lügen" und ein "makabres Framing" betrieben. Es habe "nicht eine einzige (rote) Karte wegen extremistischer, rassistischer oder homophober" Beleidigung gegeben, heißt es. 

Quellen:  DPA, "MDR", "Deutschlandfunk", "taz", "Frankfurter Rundschau"

Читайте на 123ru.net