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Schauspielerin: Jenna Ortegas neuer Film "Miller's Girl" ist nicht gerade gut. Aber er passt zu ihrer Marke

Stern 

Jenna Ortega verführt als "Miller's Girl" ihren Lehrer. Das ist nicht sonderlich originell, zeigt aber, was sie so besonders macht.

Eine junge Frau in weißen Söckchen und Hotpants stapft aus einem feucht dampfenden Wald heraus. Auf dem Rücken trägt sie einen schwarzen Lederranzen, das dunkle Haar hängt ihr zottelig über die Schultern. "Das Unheimlichste im Wald bin ich", erklärt sie ihrem besorgten Lehrer. Der lacht nervös über die provokante Zweideutigkeit: Seine viel zu junge Schülerin präsentiert sich ihm als laszive Gefahr – oh, oh!

In "Miller’s Girl" spielt Jenna Ortega den leicht manischen Teenager Cairo Sweet. Cairo will ihren dreimal so alten Lehrer Jonathan Miller verführen – der ist fasziniert vom literarischen Interesse seiner Schülerin, und, na ja, auch von ihrem jugendlichen Körper, es kommt zu Missverständnissen und Zurückweisungen, die schließlich in einem feministisch hergeleiteten Racheakt Cairos münden.

Der Film ist eine schwülstige, unentschlossene und bisweilen unfreiwillig komische Variante der uralten "Mädchen verführt von einem vom Leben enttäuschten, mittelalten Mann"-Fantasie, in der zu allem Überfluss auch noch ständig Henry Miller bemüht wird. Ihr Auftritt passt trotzdem perfekt in die Filmografie der 21-jährigen Ortega – schließlich ist sie vor allem auf düstere Rollen abonniert, die den facettenreichen Horror des Teenager-Daseins zeigen. Vielleicht gehört dazu auch ein missglückter schauspielerischer Ausflug ins Fach der "Fille fatale".

Film Ortega16.55

Die düstere Seite gehört zu Jenna Ortegas Image

Ihre Karriere startete Ortega in einer harmlosen Disney-Familienserie; für ihre Darbietung einer Überlebenden eines Highschool-Amoklaufs in "The Life After" gab es erste Kritikerpreise; später wandte sie sich mit Rollen im "Scream"-Franchise und in der "The Babysitter"-Fortsetzung "Killer Queen" dem Kreisch-und-Häcksel-Fach zu. Ihre bislang kultigste Rolle sicherte sich die Kalifornierin 2022 in der Netflix-Serie "Wednesday". Als Tochter der Grusel-Familie Addams spielte sich Ortega schwarz bezopft in die Herzen des Publikums – und sorgte mit einer exzentrischen Tanzeinlage für einen viralen Hit, der sie mit knapp 40 Millionen Instagram-Followern in neue Berühmtheits-Sphären katapultierte.

Auf die Fortsetzung warten Fans wegen des Streiks der Drehbuchautoren in Hollywood bislang vergebens, auch 2024 soll es damit noch nichts werden. Wohl auch deshalb stürzen sich Ortegas Anhänger deshalb aktuell so gierig auf "Miller’s Girl", weil sie darin die sexy, deutlich gemeinere Version von Wednesday gibt: ein Mädchen, das immer ein wenig anders sein will als alle anderen. Ihre eigene kleine Welt mit schwarzen Kerzen und zerlesenen Büchern ist ihr genug, das Umfeld wird manipuliert, damit es bei der Umsetzung ihrer Ambitionen behilflich ist, und es dauert sehr lange, bis die Erkenntnis durchsickert, dass andere Menschen auch Gefühle haben.

"Miller’s Girl" (im Kino)
© 2023 Lionsgate

Und egal, wie grottig man Jenna Ortegas neuen Film finden mag – zu ihrer "Brand" als Schauspielerin, wie man im Marketing-Zeitalter so schön sagt, passt er. Teil ihres Erfolgsrezepts ist es, die düster-morbide Aura ihrer Rollen ins echte Leben zu übertragen. Sie gibt gern Hollywoods unangepasstes Emo-Girl.

Als Kind soll Ortega tote Eidechsen seziert haben, ihre oft kopierte Fransenfrisur nennt sich "Wolf Cut", ihre Lieblingsband ist Radiohead, sie kritzelt in "Spinnenschrift", wie sie selbst sagt, in ein schwarzes Tagebuch, in Fan-Foren kursiert das Gerücht, sie sei Satanistin. Der "New York Times" sagte Ortega in einem Interview: "Horror fühlt sich für mich nach zu Hause an. Es ist bequem, weil man nicht versucht, irgendjemanden zu beeindrucken."

Bei ihrer Gen-Z-Zielgruppe kommt der Hang zur sorgfältig inszenierten Düsternis gut an. Nur: Vielleicht würde es sich beim nächsten Film lohnen, mal etwas Neues zu versuchen – dass Jenna Ortega eine schlecht gelaunte Schnute ziehen und ihre Film-Mitschülerinnen mit finsterem Blick niederstarren kann, wissen wir jetzt langsam.

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