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Streit im Sport: Sollten Transfrauen im Darts gegen biologischen Frauen antreten dürfen?

Stern 
Streit im Sport: Sollten Transfrauen im Darts gegen biologischen Frauen antreten dürfen?

Die dreimalige WM-Finalistin Deta Hedman weigert sich beim Darts gegen die Tansfrau Noa-Lynn van Leuven anzutreten. Als geborener Mann habe diese Vorteile gegenüber biologischen Frauen. Ob diese Haltung richtig ist, darüber streiten unsere beiden Autoren.

PRO: Warum Transfrau van Leuven beim Darts auch gegen biologische Frauen spielen dürfen sollte

Von Helmut Broeg

Ted Evetts war wirklich nicht zu beneiden: Der britische Dartsspieler war der erste Mann, der am 18. Dezember 2020 bei einer Weltmeisterschaft der Dartsprofis gegen eine Frau verloren hat. Frenetisch feierte das Publikum im Londoner Alexandra Palace (unter Fans nur Ally Pally genannt) den Sieg von Fallon Sharrock im Erstrundenmatch gegen ihren Landsmann Evetts. Es folgte ein zweiter Sieg Sharrocks gegen den Österreicher Mensur Suljović, einen Spieler aus der obersten Dartsriege. Spätestens da hatte die im knallrosa Shirt antretende Spielerin die Herzen und den Respekt aller Fans erobert. Und sie hat eindeutig belegt, man muss kein Mann sein und auch nicht die für viele Dartsspieler typische Konstitution eines regelmäßigen Kneipenbesuchers haben, um dieses Spiel zu gewinnen. 

Kann sich auch bei den Männern behaupten: Darts-Spielerin Fallon Sharrock
Kann sich auch bei den Männern behaupten: Darts-Spielerin Fallon Sharrock
© Eibner

Denn bei Darts kommt es nicht auf Kraft an. Es ist eine Sportart, bei der Präzision, Konzentration und Willenskraft darüber entscheiden, ob man gewinnt oder verliert. "Grundsätzlich haben Männer im Darts keinen physischen Vorteil gegenüber Frauen. Darts ist eine der inklusivsten Sportarten der Welt und kann von jedem gleichermaßen ausgeführt werden – egal ob männlich, weiblich oder divers", sagt Jonas Hunold von der Spielervereinigung PDC Europa. Nur in wenige anderen Sportarten sind sich Männer und Frauen so ebenbürtig. Beim Reiten etwa ist ja das Pferd der Motor des Geschehens, und der Reiter oder die Reiterin gibt die Kommandos und lenkt das Tier. Beim Springreiten oder in der Dressur käme niemand auf die Idee, getrennte Wettbewerbe ja nach Geschlecht zu veranstalten.  

Dass es beim Darts auch reine Frauenwettbewerbe gibt, hat vor allem damit zu tun, dass sich Frauen in der bislang von Männern dominierten Szene überhaupt regelmäßig auf professioneller Ebene messen können. Bei der WM der PDC (Professional Darts Corporation), die jedes Jahr im Dezember und Januar in London ausgetragen wird, gibt es seit ein paar Jahren auch ein paar Startplätze für Frauen, für die sich die besten Spielerinnen qualifizieren müssen. Pubertätsblocker10.59

Dass nun eine Frau nicht gegen eine Transperson antreten mochte, ergibt aus rein sportlicher Sicht keinen Sinn. Und eine dritte Liga für alle Menschen, die nicht in die klassischen Geschlechterrollen zu passen scheinen, würde eher zu einer Diskriminierung führen, denn zu einer Gleichbehandlung. In anderen Sportarten, etwa in der Leichtathletik, mag es nachvollziehbar scheinen, dass genetisch bedingte Geschlechtsunterschiede und damit einhergehend auch unterschiedliche Muskelmassen zu einem ungleichen Wettbewerb führen würden. Beim Darts bringt ein Mehr an Muskeln kein Mehr an Chancen. Dafür brauchte es keinen Beweis, auch wenn er viele Fans im Fall von Fallon Sherrock verzückt hat.    

CONTRA: Warum van Leuven nicht mit biologischen Frauen konkurrieren sollte

Von Kerstin Herrnkind

Darts-Spielerin Deta Hedman hat Recht im Unrecht. Aber sie drückt sich, gelinde gesagt, unglücklich aus. "Ich spiele bei einem Frauen-Event gegen keinen Mann", sagte sie. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Transfrauen. Wer sich zur Frau erklärt, ist eine. Im falschen Körper zu stecken, ist ein schweres Schicksal. Eine Gesellschaft sollte es solchen Menschen nicht noch schwerer machen. Selbst wenn es biologisch nur zwei Geschlechter gibt, schaffen wir eben sozial ein drittes Geschlecht, damit sich alle Menschen verorten können. Das Argument, dass man der Natur nicht ins Handwerk pfuschen kann, zieht nicht, siehe Antibabypille, um nur ein Beispiel zu nennen.

Allerdings kann die Akzeptanz von Transfrauen nicht dazu führen, dass Schutzräume für biologische Frauen aufgegeben oder sie gar diskriminiert werden. Es lässt sich nicht leugnen, dass Transfrauen den Frauen, die als solche geboren wurden, körperlich überlegen sind. Das gilt auch für Dart. Männer haben halt in der Regel muskulösere Oberarme, können weiter werfen. Ihre Würfe haben mehr Kraft. Die IOC hat die Regeln für Transfrauen im Sport angepasst. Ihr Testosteronspiegel wird ermittelt, sie müssen mindestens vier Jahre als Frau gelebt haben. Es gibt Untersuchungen, dass Transfrauen nach einem Jahr Hormontherapie beim Sport nicht besser abschneiden als Frauen, die als solche geboren worden sind. Das ändert nichts daran, dass Männer in der Regel größer sind, mehr Muskelmasse haben. Ihr Blut ist reicher an Hämoglobin, kann also Sauerstoff besser transportieren. Lia Thomas: US-Gouverneur erkennt Transgender-Schwimmerin den Titel als Siegerin ab 13.11

Die amerikanische Schwimmerin Lia Thomas hat als Transfrau alle Rekorde gebrochen, die vorher von Frauen aufgestellt worden waren – 20 Jahre nach Beginn ihrer Hormontherapie. Die Dartspielerin Noa-Lynn van Leuven hat sich 2014 zur Frau operieren lassen. Sie siegte beim PDC-Turnier der Frauen in Hildesheim. Nicht alle fanden das fair. Und das ist es auch nicht. Schafft eine dritte Klasse für Transmenschen. Denn dieser Streit geht über den Sport hinaus: Die gesellschaftliche Akzeptanz ist in Gefahr, wenn nicht nur Sportlerinnen, sondern auch das Publikum den Eindruck gewinnen, dass es nicht fair zugeht. Und dass biologische Frauen benachteiligt werden. Es schmälert die Akzeptanz von Transfrauen generell.

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