World News in German

Pro-Palästina-Protest in Berlin: "Tiefpunkt für die deutsche Wissenschaft": Politiker reagieren mit Entsetzen auf Unterstützerbrief

Stern 
Pro-Palästina-Protest in Berlin:

Der Unterstützerbrief von rund 100 Lehrkräften an Berliner Hochschulen für propalästinensische Demonstranten stößt bei vielen Politikern auf Unverständnis. Nun hat sich auch Bildungsministerin Stark-Watzinger geäußert.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat sich empört über eine Unterstützer-Erklärung von Berliner Hochschuldozenten für pro-palästinensische Proteste gezeigt. "Dieses Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten macht fassungslos", sagte Stark-Watzinger der "Bild"-Zeitung. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, würden "Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost". Scharfe Kritik an dem Brief kam auch von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Zentralratspräsident Josef Schuster.

Am Mittwoch hatten Demonstrierende ein Protestcamp auf einem Hof der Freien Universität (FU) errichtet, das am Nachmittag von der Polizei geräumt wurde. Der Lehrbetrieb wurde für den Tag weitgehend eingestellt. Eine Gruppe mit dem Namen Student Coalition Berlin forderte die Universitäten in Berlin unter anderem dazu auf, sich für eine Waffenruhe im Gazastreifen einzusetzen und Israel "akademisch und kulturell" zu boykottieren.

Pro-Palästina-Proteste an der FU Berlin sind eskaliert

Die Gruppe hatte in der vergangenen Woche bereits zu einer Protestaktion an der Humboldt-Universität aufgerufen. Die Protestkundgebung am Freitag hatte einen Polizeieinsatz ausgelöst. Dabei war es laut Polizei auch zu "volksverhetzenden Aufrufen" gekommen.Lehrende stellen sich hinter Proteste von Studierenden 19.11

In einer einem am Mittwoch online veröffentlichten Erklärung stellten sich rund 100 Dozenten verschiedener Berliner Hochschulen hinter die Proteste. "Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt", hieß es in dem Dozenten-Schreiben.

Zudem forderten die Lehrkräfte die Universitätsleitungen auf, "von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen". In der Erklärung wird die "Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden" mit Israels Vorgehen im Gazastreifen und der humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet als "nachvollziehbar" begründet. Der Hamas-Angriff, der den Krieg im Gazastreifen auslöste, sowie die von der radikalislamischen Palästinenserorganisation verschleppten israelischen Geiseln werden darin hingegen nicht erwähnt.

Stark-Watzinger verteidigt Polizeieinsatz

Dass es sich bei den Unterstützern der Proteste um Lehrende handele, sei "eine neue Qualität", erklärte Stark-Watzinger. Gerade sie müssten "auf dem Boden des Grundgesetzes stehen". Aus ihrer Sicht sei es "richtig, wenn Hochschulleitungen bei Antisemitismus und Gewalt schnell handeln und die Polizei einschalten", betonte die FDP-Politikerin.

Deutliche Kritik an der Stellungnahme kam auch von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner. "Für die Verfasser dieses Pamphlets habe ich überhaupt kein Verständnis", sagte er der "Bild"-Zeitung. Die Berliner Universitäten seien und blieben "Orte des Wissens, des kritischen Diskurses und des offenen Austauschs". "Antisemitismus und Israelhass sind aber keine Meinungsäußerungen, sondern Straftaten", betonte der CDU-Politiker. Er habe "volles Vertrauen", dass die Berliner Polizei "gegen solche Straftaten auch weiterhin konsequent rechtsstaatlich" vorgehe.

Auch CDU-Vizechefin Karin Prien zeigte sich empört. Sie sei "fassungslos, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf das humanitäre Leid in Gaza verweisen, ohne die Geiseln der Hamas mit nur einer Silbe zu erwähnen", erklärte sie.

Pro-Palästina-Proteste an Universitäten 18.24

Unionfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) bezeichnete den Brief als einen "Tiefpunkt für die deutsche Wissenschaft". Sie habe "null Verständnis dafür, wenn Professoren und Dozenten einen Mob von Antisemiten und Israelhassern verteidigen". Wissenschaft und Lehre mit Aktivismus zu verknüpfen, sei "brandgefährlich für die Hochschulen als Institutionen", kritisierte die CSU-Innenpolitikerin.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich enttäuscht von den Unterzeichnern des Schreibens. Den Aktivisten gehe es "weniger um das Leid der Menschen in Gaza, sondern sie werden von ihrem Hass auf Israel und Juden angetrieben", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Gerade von Hochschuldozenten hätte ich erwartet, dass dies zumindest klar benannt wird, wenn sich schon für diese Form des Protestes eingesetzt wird."

Читайте на 123ru.net