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stern-Recherchen: Reiseveranstalter in Not: Insolvenzverwalter für itravel-Tochter bestellt

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stern-Recherchen: Reiseveranstalter in Not: Insolvenzverwalter für itravel-Tochter bestellt

Die Zitterpartie für die Kunden des Kölner Luxusreiseveranstalters itravel geht weiter: Nachdem der Chef festgenommen wurde, hat ein Gericht nun für eine Tochterfirma der verzweigten Unternehmensgruppe einen Insolvenzverwalter bestimmt

Seit Monaten ist der Kölner Luxusreiseveranstalters itravel und sein charismatischer Geschäftsführer Axel Schmiegelow in den Schlagzeilen. Mindestens seit dem Sommer 2023 häufen sich die in Online-Portalen die Beschwerden von zornigen Kunden, die über gefloppte Reisen klagen. Manche hatten für Zigtausende Euro vermeintliche Traumreisen bei dem Internetanbieter gebucht, stellten aber nach eigenen Angaben beispielsweise in Mauritius oder den Malediven fest, dass itravel ihr Hotel nicht bezahlt hatte. Seit Anfang April sitzt der itravel-Chef Axel Schmiegelow in Untersuchungshaft. Kurz darauf wurde die Webseite seines Unternehmens abgeschaltet. Und sehr viele Kunden fragen sich nun, ob sie ihr Geld jemals wiedersehen werden.

itravel-Chef in U-Haft 15:05

Für eine Tochtergesellschaft von Schmiegelows weitverzweigter Unternehmensgruppe traf das Amtsgericht Köln nun eine Entscheidung, die möglicherweise Licht in die Vermögensverhältnisse der Gruppe bringen könnte. Das Gericht bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter für die itravel-Tochter mit dem Namen Inspiring Travel Club Family GmbH. Die Kölner Gesellschaft ist wie die meisten anderen Firmen der Gruppe eine Tochter der Holding itravel Group SA mit Sitz in Luxemburg. Laut Handelsregister vermittelt die Inspiring Travel Club Family GmbH Reisen. Gleichzeitig ist sie Besitzer einer weiteren itravel-Firma, die wiederum den Zahlungsverkehr von Kunden der itravel-Gruppe und die Gehaltsüberweisungen an itravel-Mitarbeiter abgewickelt hat. 

itravel Grafik Firmengeflecht

Ist noch genug Geld für eine Insolvenz da?

Als vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmte das Amtsgericht Köln den Kölner Anwalt Philip Schober. Gegenüber dem stern stellte Schober klar, dass das Insolvenzverfahren für die Inspiring Travel Club Family GmbH damit noch nicht eröffnet sei. "Das Gericht hat mich beauftragt zu prüfen, ob genug Masse zu Verfügung steht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens", sagte Schober dem stern

Heißt mit anderen Worten: Schober muss jetzt herausfinden, wie viel Geld sich noch auf den Geschäftskonten des Reiseveranstalters findet und ob es ausreicht, ihn als Insolvenzverwalter zu bezahlen. Er darf dafür unter anderem die Bankguthaben der Firma einziehen. Schmiegelow dagegen darf über das Vermögen seiner Firma nur noch mit Zustimmung des Insolvenzverwalters verfügen. 

Aber ist überhaupt noch Vermögen da? "Ich versuche, mir einen Überblick zu verschaffen über die wirtschaftliche Situation der Firma", sagt Insolvenzverwalter Schober. Sollte er nicht genug "Masse" finden, könnte die Gesellschaft möglicherweise auch ohne Insolvenzverfahren liquidiert werden. 

Das Büro wurde schon vor Wochen geräumt

Eine schwierige Frage könnte möglicherweise für den Insolvenzverwalter sein, welche Vermögenswerte welcher itravel-Gesellschaft zuzuordnen sind. Denn die deutschen itravel-Firmen scheinen laut Handelsregister ihren Sitz in derselben Adresse in Köln-Ossendorf zu haben. Das Büro in diesem Gebäude hatte itravel aber schon vor Wochen geräumt. Auch die Luxemburger Gesellschaften firmieren im Handelsregister unter einer Adresse, unter der itravel nach stern-Recherchen nicht einmal mehr einen Briefkasten besitzt.

04-02-2024 itravels verschwunder Briefkasten19.49

Sicherungsschein der beste Trumpf der Kunden

Welche Folgen das aktuelle Insolvenzeröffnungsverfahren für die Kunden von itravel haben könnte, ist schwer zu sagen. Grundsätzlich gilt: Eine mögliche Insolvenz der itravel-Firmen könnte für Kunden nicht unbedingt eine schlechte Nachricht sein. Denn Kunden von Pauschalreisen sind über einen sogenannten Sicherungsschein gegen Insolvenzen versichert. "Dieser Sicherungsschein ist mit Sicherheit der beste Trumpf, den die Verbraucher jetzt haben", sagt Karolina Wojtal, Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums in Deutschland. 

Der Sicherungsschein ist allerdings auf eine andere itravel-Tochtergesellschaft ausgestellt, die itravel Luxembourg S.à.r.l. mit Sitz in Luxemburg. Sie ist als Reiseveranstalter auf Rechnungen von itravel-Kunden angegeben, die dem stern vorliegen. Damit Kunden die Insolvenzversicherung in Anspruch nehmen könnten, müsste also die itravel Luxembourg S.à.r.l. für insolvent erklärt werden. 

Karolina Wojtal, der Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums
Karolina Wojtal, der Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums
© Steffen Beck

Im Januar 2024 hatte das Amtsgericht Köln bereits für eine weitere itravel-Tochter einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt, für die itravel Software & Services GmbH. Auch für diese steht eine offizielle Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch aus. 

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