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Marinić: Wieso auch Frauen schuld am Egoismus der Männer sind

Stern 

Haben Sie heute schon für Ihren Mann gekocht oder geputzt? Unsere Kolumnistin ärgert sich über Frauen, die ihre Partner zu sehr verwöhnen – meist auf Kosten der Frauen von morgen.

Haben Sie Ihrem Mann heute schon das Essen gekocht? Ihrem Sohn das Bett gemacht? Nebenbei Vesperboxen gepackt und danach die Wohnung geputzt? In einer Statistik las ich, eine beträchtliche Zahl junger Männer habe noch nie etwas im Haushalt gemacht, und die Zahl der erwachsenen Männer, die sich dort einbringen, war auch eher zum Augenreiben.

Sind es wirklich nur die Männer?

Ich weiß, der feministische Reflex macht nur die Männer für ihren Egoismus verantwortlich. Mein Ärger richtet sich aber auch gegen diese Frauen. Ich weiß, liebe Kritikerinnen, ihr werdet gleich sagen, es sei unfeministisch, Frauen die Verantwortung für alles zu geben. Doch ist dieses Verwöhnen von Sohn und Mann wirklich Liebe, oder ist es eine Art, sich unentbehrlich zu machen? Meist auf Kosten der Frauen von morgen, die einen dieser verwöhnten Söhne als Mann haben werden?infobox

Immer noch haben es Frauen hier schwer

Oft höre ich von Freundinnen, ihre klugen und erfolgreichen Kolleginnen fänden keinen Partner. Tatsächlich ist es in Deutschland so, dass gebildete Frauen seltener eine Familie haben. Es ist hier schwieriger, einen Partner zu finden, der Gleichberechtigung kann. Deutschland hat mit seinem Ehegattensplitting ein Frauenbild in den Köpfen verfestigt, in dem Männer die Ernährer sind und Frauen den Laden am Laufen halten. Wenn Frauen sich diesem Modell verweigern, weil sie ihre eigenen Träume haben, ist es in der deutschen Kultur nicht einfach, einen Mann zu finden, der damit umgehen kann. So eine Frau können viele nur bewundern. Geliebte dürfte sie sein, aber heiraten möchten viele Männer eine Frau, die ihnen den Rücken freihält. Man fragt sich, warum solche Männer sich nicht einfach eine Haushaltshilfe suchen. Ach ja, ohne "Liebe" kostet diese Arbeit ja Geld.

Nicht Hannelore Kohls Vorstellung

Es gibt Männer, die sich mit ihrem Workaholismus brüsten, die haben trotzdem ein Haus, eine Frau und drei Kinder, die auf sie warten und so tun, als sei das eine normale Arbeitsteilung. Männer können bekanntlich alles haben, doch Frauen müssen sich entscheiden: Familie oder Karriere? In diesem Sinn bewundere ich Hannelore Kohl bis heute dafür, wie sie Helmut Kohl damit nicht hat davonkommen lassen. In einer Dokumentation, an die ich mich erinnere, sagte sie sinngemäß, eine Frau sei kein Hund, der mit dem Schwanz wedelt, wenn der Mann endlich nach Hause kommt. Sie schien mir eine moderne Frau in ihrem Unglück. Viele Frauen heute wedeln zufrieden mit dem Schwanz; der Mann muss dafür nicht einmal Kanzler sein, sondern ihnen einfach einen soliden Lebensstandard ermöglichen. Die Soziologin Jutta Allmendinger brachte die statisch messbare Misere der Frauen auf den Punkt: Der Heiratsmarkt zahle halt besser als der Arbeitsmarkt.STERN PAID 36_23 Unischere Männer IV 1200

Die Schuld ist gleichermaßen verteilt

Dass viele Familienväter immer noch denken, sie könnten trotzdem wie ein Junggeselle leben, liegt auch an den Frauen, die dies akzeptieren, ja unterstützen. Sie fallen jenen Frauen in den Rücken, die daran arbeiten, in dieser Gesellschaft gleichberechtigt mit Männern zu leben und dasselbe Recht zu haben, ihre Persönlichkeit zu verwirklichen. Natürlich gibt es Männer, die das verstanden haben und ihren Teil dazu beitragen, die Frau nicht nur als Baustein in ihrer Family-and-Work-Balance zu sehen, sondern als ebenbürtige Partnerin. Nach wie vor aber wollen viele Frauen dem Mann dienen. Auch wenn viele Frauen derzeit gut in den Arbeitsmarkt integriert sind, bleibt das Ehegattensplitting bestehen. Weibliche Integration in den Arbeitsmarkt bedeutet aber auch männliche Integration in die Hausarbeit. Frauen kommen nicht auf die Welt, um Männerhelferinnen zu sein.

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