US-Supreme-Court: Umgedrehte USA-Flagge im Garten: Oberster Richter Alito unter Druck
Die Skandalserie des Supreme Courts geht weiter. Diesmal im Fokus: der erzkonservative Richter Samuel Alito und eine umgedrehte Flagge in seinem Vorgarten. Die gilt als Symbol für den "gestohlenen Wahlsieg".
Die Nachwehen der Präsidentschaftswahlen 2020 prägen die Vereinigten Staaten bis heute. Was als Protest des Lagers um Wahlverlierer Donald Trump begann, entwickelte sich rasch zu einem Verschwörungskult, wonach der Wahlsieg gestohlen wurde. In dieser Zeit tauchte an Autos, in Vorgärten und in sozialen Medien ein altbekanntes Protestsymbol auf: eine auf dem Kopf stehende USA-Flagge. Sie stand für die Botschaft "Stop the Steal". Wer die Flagge verkehrt herum trug, der glaubte nicht an den rechtmäßigen Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden.
Wie die "New York Times" nun enthüllte, gehörte eines der Häuser, vor dem zu jener Zeit die umgekehrte Flagge wehte, niemand geringerem als Samuel Alito, Richter am Supreme Court, dem Verfassungsgericht der USA.
Auf Fotos, die alarmierte Nachbarn der Zeitung zugespielt hatten, ist zu sehen, wie die umgedrehte Flagge am 17. Januar 2021 im Garten des erzkonservativen Richters in Alexandria, Virginia wehte. Elf Tage zuvor hatten Trumps Anhänger das Kapitol gestürmt. Einige von ihnen mit eben jener Flagge in der Hand. Bidens Amtseinführung war damals noch drei Tage entfernt.
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Supreme-Court-Richter Alito: "War nicht am Flaggenhissen beteiligt"
Die Enthüllungen setzen Richter Alito schwer unter Druck. Das Timing ist pikant. Denn in diesem Jahr werden gleich mehrere hochkarätige Fälle vor dem Obersten Gericht in Washington verhandelt, die sich mit der Wahl 2020 und dem darauf folgenden Angriff aufs Kapitol beschäftigen. Darunter auch die mit Spannung erwartete Entscheidung, ob Trump als ehemaliger Präsident nach wie vor Immunität genießt.
Das Votum der Richter wird darüber entscheiden, ob der Ex-Präsident für den Versuch, die jüngste Präsidentschaftswahl zu kippen, zur Rechenschaft gezogen werden kann. Ein möglicher Prozess könnte stattfinden, während Trump in diesem Jahr erneut fürs Weiße Haus in den Wahlkampf zieht.
"Ich war in keiner Weise am Hissen der Flagge beteiligt", beteuerte Alito gegenüber der "New York Times". Die Flagge sei vielmehr vorübergehend von seiner Frau angebracht worden - "als Reaktion auf anstößige und persönlich beleidigende Sprache auf Gartenschildern" eines Nachbarn.
Klarer Verstoß gegen Ethikkodex des Gerichts
Rechtsexperten zufolge stellt die Flagge einen klarer Verstoß gegen den Ethikkodex des Obersten Gerichts dar. Der Supreme Court hatte seine Mitarbeiter wiederholt davor gewarnt, ihre parteipolitischen Ansichten in der Öffentlichkeit kundzutun. Das geht aus den internen Richtlinien hervor, die ebenfalls der "New York Times" vorliegen. Demnach ist unter anderem das Zeigen von Schildern oder Autoaufklebern verboten.
Zum aktuellen Fall der umgedrehten Flagge wollte der Supreme Court Stand Freitag noch keinen Kommentar abgeben.
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Supreme Court kommt nicht zur Ruhe
Das Obersten Gericht ist unter Trump Präsidentschaft durch mehrere erzkonservative Nominierungen für Richter deutlich nach rechts gerückt. Es ist bemüht, nicht parteilich zu erscheinen. Da kommen die Vorwürfe gegen Alito sehr ungelegen. Und es sind nicht die ersten dieser Art.
Erst vor wenigen Monaten hatte der ebenfalls konservative Richter Clarence Thomas für ähnliche Schlagzeilen gesorgt. Damals wurde bekannt, dass seine Frau, die konservative Aktivistin Virginia "Ginni" Thomas, an Trumps Kundgebung vor dem Sturm aufs Kapitol teilgenommen hatte. Auch hatte sie dessen Kampagne unterstützt, die Wahlergebnisse als gefälscht erscheinen zu lassen. Damals wurden rasch Rufe laut, den Richter von Fällen rund um die Wahl 2020 abzuziehen. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Forderungen auch Richter Alito ereilen.
Quellen: "New York Times", "CNN", "Reuters"