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FC Liverpool: Jürgen Klopp hört auf – folgt auf den Rausch der große Kater?

Stern 
FC Liverpool: Jürgen Klopp hört auf – folgt auf den Rausch der große Kater?

Nach neun Jahren verabschiedet sich Jürgen Klopp in Liverpool. Für die Fans steht er auf einer Stufe mit den Beatles. Doch nach all dem Fußball-Rock'n'Roll droht nun die große Stille.

Es war Liebe auf den ersten Blick zwischen diesem "German Guy" aus dem Schwarzwald und dem legendären Liverpool FC. Jürgen Klopp wirkte fast schüchtern am 9. Oktober 2015 als er die erste Pressekonferenz bei seinem neuen Klub gab – auf englisch. Etwas holprig zwar, aber es war Klopps Charisma, das diesen Verein binnen Minuten einfing und fünf einfache Worte: "I am the normal one". Eine Anspielung auf Jose Mourinho, der sich gern unverblümt als "The special one" vorstellt. 

Wissen, wo man herkommt, wissen, wo man hin will. Das waren immer Klopps Leitlinien. Volksnähe ist es, die seine Anhänger an ihm begeistert. Ein "normaler" Typ, aber mit einem klaren Plan. Er bat um Geduld. Und die Anhänger hatten sie. 

FS Kloppo und die Fans

Jürgen Klopp hat den Riesen LFC wachgeküsst – wie er es einst beim BVB gemacht hat

Der stolze LFC war zu einem schlafenden Riesen geworden. Der letzte Meistertitel lag 25 Jahre zurück. Das Feuer, es war noch immer da, aber fast erstickt unter der großen Historie dieses Klubs. Unter den großen Bill Shanklys, Steven Gerrards und Ian Rushs. Jetzt aber war da dieser normale Typ aus Deutschland. Und im Gepäck hatte er einen großen Benzinkanister. 

Ein halbes Jahr zuvor hatte er seinen Rücktritt bei Borussia Dortmund verkündet. Sieben Jahre hatte er die Westfalen trainiert. Aus einem Trümmerhaufen baute er eine Festung, lief zeitweise sogar dem FC Bayern den Rang als Nummer 1 in Deutschland ab. Deutscher Meister, Doublesieger, Champions League-Finale. Klopps Jahre in Dortmund waren ein einziger Rausch. 

Angefeuert von diesem Trainer, mal einfühlsam, mal mit gefletschten Zähnen. Eine Droge, die alle Fans und Spieler süchtig machte. Süchtig nach den Spielen dieser Mannschaft, süchtig nach dem, was Klopp immer "Vollgasveranstaltung" nannte. "Er hat einen unglaublichen Pace [dt. Tempo, Anm. d. Red], wenn du da nicht mitgehst, bist du ein Stück weit verloren", sagte sein damaliger Kapitän Sebastian Kehl in einem Interview. Pep Lijnders Liverpool FC Interview 12.55

Klopp erzeugt keine Atmosphäre, er ist die Atmosphäre

Noch heute schwärmen die Fans in schwarz-gelb von den Spielen, von der Stimmung, als Klopp Trainer in Dortmund war. Und wie es nun mal so ist bei einem Rausch, folgt danach meist der große Kater. Und genau der ist nun auch beim LFC zu befürchten. 

Klopps Abgang beim BVB führte den Verein in eine Identitätskrise, die er bis heute nicht vollständig gemeistert hat. "Man hätte vielleicht lieber die ganze Mannschaft als den Trainer austauschen sollen", sagte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke später einmal. So schnell dieser Trainer einen ganzen Klub mit positiver Energie vollpumpen kann, so schnell geht sie ihm aus, wenn er weg ist. Klopp erzeugt keine Atmosphäre. Er ist die Atmosphäre. 

Die Parallelen zwischen Dortmund und Liverpool sind groß

Den Liverpool FC hat er wachgeküsst. Er baute über wenige Jahre ein Team auf, das alles gewann, was es in England und Europa zu gewinnen gab. 2020 holte er den ersten Premier League-Titel seit 30 Jahren in die Hafenstadt. Ein Jahr zuvor schon die Champions League. Identitätsfiguren wie Jordan Henderson stellte er neben Ballkünstler wie Mo Salah. Eine gut geölte Maschine, angetrieben vom legendären Stadion an der Anfield Road. Klopps letztes Spiel 11.45

Am Sonntag endet der gemeinsame Weg. Klopps letzter Gang in die Kabine, die rechte Hand auf das Wappen über der Treppe im Spielertunnel, so will es die Tradition. Danach wird es still werden in der Stadt der Beatles. Und die Stille wird ohrenbetäubend sein. Ein kalter Entzug, ein leerer Benzinkanister. 

Die Parallelen zwischen Dortmund und Liverpool sind deutlich. Arbeitervereine, große Geschichten, stecken geblieben in der Gegenwart, wieder aufgeweckt von Jürgen Klopp. Für die LFC-Fans bleibt zu hoffen, dass der Kater nicht so schlimm wird wie in Dortmund. 

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