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Reichsbürger-Prozess: Tag zwei in Frankfurt gegen die Gruppe Reuß: Eine Bühne für Recht und Boulevard

Stern 
Reichsbürger-Prozess: Tag zwei in Frankfurt gegen die Gruppe Reuß: Eine Bühne für Recht und Boulevard

An Tag zwei des Reichsbürger-Prozesses gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und acht weitere Mitglieder einer mutmaßlichen Terrorgruppe werden weitere Eröffnungserklärungen gehalten. Dabei offenbaren sich Konflikte in Teilen der Verteidigung. 

An diesem Donnerstag feiert das Grundgesetz 75. Geburtstag und mit ihm die Bundesrepublik Deutschland. Auch heute standen in Frankfurt jene vor Gericht, die diese staatliche Ordnung mutmaßlich beseitigen wollten: neun Mitglieder der Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, darunter der Prinz selbst. Außerdem die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und einige hochrangige Ex-Militärs. Es war der zweite Prozesstag des größten Staatsschutzverfahrens dieser 75 Jahre Bundesrepublik Deutschland.

Nachdem am Dienstag eine erste Eröffnungserklärung von der Verteidigung der Angeklagten Findeisen-Juskowiak verlesen wurde, schlossen sich an diesem Tag drei weitere an. Darunter sprach einer der Verteidiger des Prinzen, Roman von Alvensleben, für seinen Mandanten und nahm auf den Geburtstag des Grundgesetzes Bezug. 

Man respektiere die Institutionen der Anklage, sagte von Alvensleben – besonders im Hinblick auf den heutigen Tag. Und gerade deswegen, so der Anwalt, stelle man in Frage, ob nicht bereits eine Vorverurteilung der Angeklagten erfolgt sei. Spätestens seit der bisher erfolgten Berichtserstattung. Es gelte immer noch die Unschuldsvermutung. Und in der Anklage stünden statt Tatsachen vor allem Wertungen durch die Anwaltschaft.

Im Saal ging es beim Reichsbürger-Prozess in Frankfurt teils abenteuerlich zu

Es ist kein feuriges Eröffnungsstatement, sondern offenbar der Versuch einer staatstragenden Rede, eines Prinzen würdig. Trotzdem ließ auch der zweite Prozesstag gegen Reuß und die acht weiteren Angeklagten boulevardeskes Schauspiel nicht vermissen.

STERN PAID 05_23 Reichsbürger Titel

Im Zentrum stand dabei die Angeklagte und Lebensgefährtin des Prinzen, Vitalia B. Allem Anschein nach hat sich die Verteidigung der Angeklagten zerstritten. Rechts von Vitalia B. auf der Anklagebank saßen ihre beiden Pflichtverteidigerinnen, links von ihr zwei Wahlverteidiger. Wann immer sich die Gelegenheit bot, ereiferten sich die beiden Wahlverteidiger von Vitalia B., zu betonen, dass nur sie allein im Sinne der Mandantin sprechen würden. Bei Anträgen sorgte das für so manche Verwirrung.

Sie gilt als mutmaßliche Unterstützerin der Reichsbürger-Gruppe

Den Mitgliedern der Gruppe um Prinz Reuß wird unter anderem vorgeworfen, einen bewaffneten Umsturz geplant zu haben, mit dem Ziel, die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen. Sie alle sollen Mitglieder in einer terroristischen Vereinigung gewesen sein. Mit Ausnahme von Vitalia B. Sie steht nicht als Mitglied, sondern als Unterstützerin der Gruppe vor Gericht. Die gebürtige Russin soll ihr Kontakte nach Russland verschafft haben.

Ein Reporterteam von stern und RTL hat seit dem vergangenen Herbst umfangreich zu dem Fall recherchiert. Es hat Ermittlungsunterlagen eingesehen, darunter abgehörte Telefonate, verschlüsselte Kommunikation, Observierungsprotokolle, insgesamt mehr als 400.000 Dokumente. (Hinweis: Die Texte, Fernsehberichte, eine TV-Dokumentation und vieles mehr finden Sie gebündelt auf dieser Seite von stern.de.)

Im Vergleich zum ersten Prozesstag verlief der zweite deutlich ruhiger. Am Vortag waren die 120 Plätze im Zuschauerraum so weit belegt, dass Beobachter draußen warten mussten. Am heutigen Donnerstag blieben einige Plätze frei. Dafür schien sich der harte Kern der Anhängerschaft der Reichsbürger-Gruppe bereits im provisorischen Gerichtsgebäude des OLG Frankfurt akklimatisiert zu haben. Deutlicher als zuvor waren Gespräche und krude Therorien über angeblichen Faschismus gegen Verschwörungsgläubige zu vernehmen. 

PAID SI2 Birgit Malsack-Winkemann 

Wie am ersten Tag wurden auch in der Fortsetzung einige Anträge durch die Verteidiger verlesen. Die meisten zielten darauf ab, die Verhandlung zunächst auszusetzen oder zu unterbrechen, um der Verteidigung mehr Zeit zu verschaffen. 

Trotz Haft: Prinz Reuß und seine Vitalia sind noch ein Paar

Eine Bitte der Anwälte von Prinz Reuß zum Schluss war dann noch einmal menschlicher Natur: Sie erbaten beim Richter, dass ihr Mandant seine Lebensgefährtin gebührend im Saal begrüßen dürfe. Zunächst waren die Justizbeamten eingeschritten. So brachte der heutige Verhandlungstag zumindest eine Klarheit: Heinrich XIII. Prinz Reuß und Vitalia B. sind trotz Untersuchungshaft offenbar noch ein Paar. Zuletzt soll das auch den beiden Liebenden nicht immer klar gewesen sein. 

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