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Biden steigt aus Rennen ums Weiße Haus aus und schlägt Harris als Kandidatin vor

Stern 
Biden steigt aus Rennen ums Weiße Haus aus und schlägt Harris als Kandidatin vor

Spektakuläre Wende im Kampf um das Weiße Haus: Nach den wochenlangen Debatten über seine Gesundheit hat US-Präsident Joe Biden am Sonntag seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl am 5. November zurückgezogen. Die Entscheidung sei "im besten Interesse meiner Partei und des Landes", erklärte der 81-Jährige. Biden sprach sich für eine Kandidatur seiner Stellvertreterin Kamala Harris aus. Seine Parteifreunde zollten dem Präsidenten Respekt, aus den Reihen der Republikaner wurden Rücktrittsforderungen laut.

"Es war die größte Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen", erklärte Biden in einem Brief an seine "amerikanischen Mitbürger", den er im Onlinedienst X veröffentlichte. "Und auch wenn es meine Absicht war, die Wiederwahl anzustreben, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, beiseite zu treten und mich ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident für den Rest meiner Amtszeit zu konzentrieren." Biden kündigte an, die US-Bürger im Laufe der Woche ausführlicher über seine Entscheidung zu informieren.

Der 81-Jährige war zuletzt wegen der Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness auch innerhalb seiner Partei massiv unter Druck geraten. Biden dankte allen, die ihn im Wahlkampf unterstützten und lobte Vize-Präsidentin Harris als "außergewöhnliche Partnerin". 

In einer weiteren Botschaft auf X sprach sich Biden dafür aus, dass Harris im November als Kandidatin der Demokraten gegen den Republikaner Donald Trump antritt. "Heute möchte ich meine volle Unterstützung und meinen Rückhalt für Kamala als Kandidatin unserer Partei in diesem Jahr bekunden", erklärte er. Die 59-Jährige galt bereits in der Debatte um einen möglichen Rückzug Bidens als naheliegende Alternative. In den Umfragen kam die einstige Senatorin jedoch nur auf niedrige Zustimmungswerte. 

Harris erklärte, sie fühle sich "geehrt durch die Unterstützung des Präsidenten", und äußerte sich selbstbewusst: "Meine Absicht ist, diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen", verkündete sie.

Der ehemalige Präsident Barack Obama, in dessen achtjähriger Regierungszeit Biden als Vizepräsident amtierte, warnte seine Kollegen in der Demokratischen Partei: "Wir werden in den kommenden Tagen völliges Neuland betreten." Dabei habe er aber volles Vertrauen in die Parteiführung bei der Auswahl des neuen Kandidaten. Der Parteivorsitzende der Demokraten, Jaime Harrison, kündigte einen "transparenten und geordneten Prozess" für die Nominierung an. 

Biden stand seit seinem desaströsen Auftritt im Fernsehduell mit seinem Herausforderer Trump am 27. Juni massiv unter Druck. Mehr als 30 Mitglieder des Repräsentantenhauses und mehrere Senatoren aus den Reihen der Demokraten hatten Biden aufgrund der Zweifel an dessen körperlicher und geistiger Eignung für eine zweite Amtszeit zuletzt öffentlich zum Rückzug aufgerufen.

Noch am Freitag hatte der Präsident den Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Rennen um das Weiße Haus eine Absage erteilt und angekündigt, nach seiner Corona-Erkrankung in der kommenden Woche seine Wahlkampftermine wieder aufzunehmen.

Parteifreunde wie die Ex-Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, lobten Bidens Entscheidung zum Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen.

Biden ist der erste Präsident in der Geschichte der USA, der seine Kandidatur aufgrund von Bedenken bezüglich seiner geistigen und körperlichen Fitness aufgibt. Zudem hat noch nie ein Präsident so spät seinen Rückzug aus dem Rennen verkündet. 

Auch Trump äußerte sich umgehend über den Rückzug seines Rivalen. Der Amtsinhaber sei "nicht geeignet" gewesen, um erneut als Präsident zu kandidieren und sei "sicherlich nicht geeignet", um das Präsidentenamt auszufüllen, schrieb der 78-Jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. 

Trump hatte am 13. Juli ein Attentat knapp überlebt und wurde kurz darauf beim Parteitag der Republikaner offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt. Nun ist er gezwungen, seinen auf Biden fokussierten Wahlkampf neu auszurichten.

Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, rief Biden zum sofortigen Rücktritt auf. "Wenn Joe Biden nicht geeignet ist, um für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist er nicht geeignet, um als Präsident zu dienen. Er muss das Amt sofort niederlegen", erklärte Johnson auf X. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zollte Biden Respekt. "Sein Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdient Anerkennung", erklärte Scholz auf X. Der US-Präsident habe "viel erreicht: für sein Land, für Europa, die Welt", schrieb Scholz. "Dank ihm ist die transatlantische Zusammenarbeit eng, die Nato stark, die USA ein guter und verlässlicher Partner für uns."

CDU-Chef Friedrich Merz erklärte auf X, Biden habe "mehr als fünf Jahrzehnte lang dem amerikanischen Volk gedient". Seine Entscheidung verdiene "größten Respekt".

Der Kreml in Moskau geht davon aus, dass in den vier Monaten bis zur Präsidentenwahl in den USA noch Einiges passieren kann. "Das ist eine lange Zeit, in der sich Vieles ändern kann", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenwebsite "Life.ru".

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