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Landesregierung: Ermittlungen zur Stellenbesetzung der Regierung eingestellt

Stern 
Landesregierung: Ermittlungen zur Stellenbesetzung der Regierung eingestellt

Vetternwirtschaft warf die Opposition der Landesregierung im Zuge der Staatssekretärsaffäre vor und berief einen Untersuchungsausschuss ein. Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden nun eingestellt.

Die Vorwürfe der Opposition in der Staatssekretärsaffäre waren massiv, nun hat die Staatsanwaltschaft Erfurt Ermittlungen gegen die Thüringer Landesregierung eingestellt. Dies geht aus einem Schreiben der Behörde hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. 

Bei den Ermittlungen ging es um den Verdacht, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) oder die Minister seines Kabinetts könnten sich der Untreue zum Nachteil des Freistaats schuldig gemacht haben, als sie Staatssekretäre ernannten, die angeblich keine ausreichenden Qualifikationen für diese Ämter vorzuweisen hatten.Nach dpa-Informationen wurde das Verfahren eingestellt, weil keine strafrechtlich relevanten Handlungen festgestellt wurden. Weitere Ermittlungen zur Besetzung von beispielsweise Büroleiter-Stellen oder anderen Leitungsposten laufen noch.

Regierungschef erleichtert 

Ramelow reagierte erleichtert. "Es ist kein Ansatz einer strafrechtlichen Relevanz zu sehen", sagte er der dpa in Erfurt. Es habe keine schwere Pflichtverletzung und auch keine Untreue gegeben. 

Ausgangspunkt für die Ermittlungen war ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes zur Personalpolitik der rot-rot-grünen Landesregierung. Darin wird unter anderem beanstandet, dass bei der Einstellung etwa von Staatssekretären die Bestenauslese nicht beachtet und Dokumentationspflichten verletzt worden seien. Der Landesrechnungshof wirft der Landesregierung darin systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vor.

Ermittlungen waren auf strafrechtliche Fragen beschränkt

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt bestätigte die Einstellung der Ermittlungen. Gleichzeitig betonte er, dass die Ermittlungen der Behörde ausschließlich auf strafrechtliche Fragen beschränkt gewesen seien. Die vom Rechnungshof kritisierten Pflichtverletzungen seien mit Blick darauf in ihrer Gesamtheit nicht so schwerwiegend, "um im Einzelfall eine Strafbarkeit wegen Untreue zu bejahen", sagte er. 

Jenseits des Strafrechts sei es an den Verwaltungsgerichten in Thüringen zu beurteilen, ob die Landesregierung das Thüringer Laufbahngesetz und andere verwaltungs- und beamtenrechtliche Vorgaben richtig oder falsch angewandt habe.

Ramelow nennt Kriterien lebensfremd 

Ramelow und sein Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hatten Versäumnisse etwa bei den Dokumentationspflichten eingeräumt, aber die Vorwürfe im Kern zurückgewiesen. Die Landesregierung beharrte auf einer anderen Rechtsauffassung als der Rechnungshof. 

Die Opposition attackierte die Landesregierung mit dem Thema, ein Untersuchungsausschuss widmete sich den Vorwürfen. Thüringens FDP-Gruppenchef Thomas Kemmerich teilte nun mit, man nehme die Entscheidung der Staatsanwaltschaft mit Respekt zur Kenntnis. "Auch wenn das Agieren der Ramelow-Regierung in diesem speziellen Fall nicht strafbar war, hat sie moralisch versagt." 

Ramelow bekräftigte, es sei lebensfremd, wenn Staatssekretäre alle beamtenrechtlichen Voraussetzungen in jedem Detail, etwa dem Lebensalter, erfüllen müssten. Es habe sich um eine "ungewöhnliche Einschätzung des Rechnungshofes" gehandelt, auch mit Blick auf die Praxis der anderen Landesregierungen und der Bundesregierung, sagte Ramelow.

Generelles Fehlverhalten über Jahre

Aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Erfurt, der der dpa vorliegt, ergibt sich, dass auch die Strafverfolger Anhaltspunkte dafür sehen, dass die Landesregierung bei der Besetzung der Staatssekretärsstellen nicht ganz sauber gearbeitet hat – was wiederum auch dafür sorgt, dass sich der Anfangsverdacht der Untreue aus Sicht der Behörde nicht bewahrheitet hat.

Nach Inkrafttreten eines neuen Thüringer Laufbahngesetzes zum 1. Januar 2015 habe es das Kabinett Ramelows unterlassen, Regeln dafür auszustellen, nach denen zum Beispiel auch andere als die schließlich ausgewählten Bewerber als Staatssekretäre in Erwägung gezogen werden müssen, heißt es in dem Beschluss. "Insoweit handelt es sich jedoch um ein ‚Fehlverhalten‘ genereller Art über mehrere Jahre, welches der Einstellung der einzelnen Staatssekretäre vorgelagert war."

Keine gravierende Pflichtverletzung

Dies spreche dagegen, dass bei der Einstellung der einzelnen Staatssekretäre dann ein willkürliches Verhalten gegeben habe. Deshalb seien die Einstellungen der Staatssekretäre im Einzelnen zwar möglicherweise nicht nachvollziehbar. Manche erschienen sogar "zum Teil auch unter verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten als rechtswidrig". 

"Eine gravierende Pflichtverletzung, welche die Rechtsprechung für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Untreue fordert und die sich in jeder einzelnen Einstellungsentscheidung widerspiegeln müsste, geht damit aber nicht einher", steht in dem Beschluss.

Wann das Ermittlungsverfahren zum Umgang mit der Besetzung etwa von Büroleitern und persönlichen Referenten abgeschlossen werden könne, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte der Sprecher.

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