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Formel 1 in Belgien: Russell feiert Flüstersieg bei Verstappen-Schadensbegrenzung

Stern 
Formel 1 in Belgien: Russell feiert Flüstersieg bei Verstappen-Schadensbegrenzung

Max Verstappen ist in Belgien mal wieder zur Aufholjagd gezwungen. Sein Tief vor der Formel-1-Sommerpause kann er in der Heimat nicht beenden. Zum Sieg rast George Russell.

Reifenflüsterer George Russell suchte sich nach seiner Mutprobe beim Mercedes-Doppelerfolg in Spa-Francorchamps erstmal einen Platz im Schatten zum Durchschnaufen. Formel-1-Weltmeister Max Verstappen konnte in den Strategie-Thriller gar nicht eingreifen und verlängerte unfreiwillig seine Durststrecke.

Bei Russells drittem Triumph in der Motorsport-Königsklasse verpasste der Red-Bull-Star trotz seiner Aufholjagd nach einer Strafversetzung als Fünfter zum vierten Mal nacheinander den Erfolg. Verstappen konnte im letzten Grand Prix vor der Sommerpause aber seinen WM-Vorsprung auf McLaren-Mann Lando Norris auf 78 Punkte ausbauen, da dieser direkt hinter dem in Belgien geborenen Niederländer landete.

Bei untypischen sommerlichen Bedingungen in den Ardennen raste Russell im Mercedes mit einem Vorsprung von nur 0,5 Sekunden vor Teamkollege Lewis Hamilton ins Ziel. Im Gegensatz zu seinen Verfolgern setzte der von Rang sechs gestartete Engländer auf eine risikobereite Strategie mit nur einem Reifenwechsel. Dritter wurde Norris' Stallrivale Oscar Piastri, der vor einer Woche in Ungarn noch seinen Premierenerfolg gefeiert hatte.

Der erste Mercedes-Doppelerfolg seit 2022

"Reifenflüsterer" hauchte Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach Russells zweitem Saisonsieg und dem ersten Doppelerfolg für die Silberpfeile seit Brasilien 2022 in den Boxenfunk. "Fantastisches Ergebnis. Diesen Sieg habe ich heute Morgen in unserer Strategiesitzung definitiv nicht vorausgesagt", sagte Russell, ehe er freudestrahlend seine Trophäe in die Höhe reckte. "Das Auto hat sich fantastisch angefühlt."

Verstappen konnte sich nach Startplatz elf den Traum vom vierten Spa-Erfolg nacheinander nicht erfüllen. Sein vor dem Aus stehender Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez startete zwar erstmals seit dem China-Rennen im April wieder aus der ersten Reihe, konnte am Ende mit Position acht aber nicht für eine Dauerbeschäftigung werben. "Nicht ein Top-Rennen, aber ein gutes Rennen. Wir sind natürlich nicht mehr die Schnellsten", sagte Verstappen. Er habe "alles maximalisiert".

"Wir sind leicht enttäuscht, wir haben uns mehr erwartet", räumte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko ein, ehe er den Grand-Prix-Sieger rühmte: "Das war unglaublich von Russell." Für Nico Hülkenberg war an diesem Wochenende nichts drin. Der Haas-Routinier startete als 16. und beendete das 14. Saisonrennen als 19.

Bei Red Bull ist es aktuell "eher netflixartig"

Die einstige Dominanz von Red Bull ist weg. Dessen ist sich der frühere Rennstall von Sebastian Vettel bewusst. In der Qualifikation zeigte Verstappen aber seine Extraklasse. Er distanzierte Charles Leclerc im Ferrari als ersten Verfolger deutlich (+0,595 Sekunden). Da Verstappen aber auf dem mit 7,004 Kilometer längsten Kurs im Kalender regelwidrig schon seinen fünften Motor des Jahres einsetzt, musste er zehn Plätze nach hinten. Leclerc wurde die 25. Pole seiner Karriere zugeschrieben.

"Wir waren das Vornewegfahren gewohnt, heute ist es anders", räumte Red-Bull-Motorsportberater Marko ein. Auch wegen der vielen Baustellen abseits des Asphalts, etwa Verstappens publikumswirksamem Dauerstänkern gegen sein eigenes Team zuletzt in Ungarn, meinte der Österreicher: "Heuer ist es eher netflixartig bei uns."

Daran hat auch die Situation um Perez einen gehörigen Anteil. Der Mexikaner besitzt seit Anfang Juni einen Vertrag bis Ende 2025, zudem besteht die Option auf eine weitere Saison. Doch nach einem starken Auftakt in diesem Jahr hat Perez immer stärker nachgelassen. Dem 34-Jährigen droht das Aus in den Formel-1-Ferien.

Verstappens "Rennen zur Schadensbegrenzung"

"Das ist zu wenig", beschied Marko im TV-Sender Sky. "Wir setzen uns am Montagabend in England zusammen und analysieren." Für den Marko zufolge "theoretischen Fall" der Freistellung stünden Red-Bull-Ersatzmann Liam Lawson (22) sowie Daniel Ricciardo (35) und Yuki Tsunoda (24) von Schwester-Team Racing Bulls bereit.

Perez musste nach einem beinharten Zweikampf Lewis Hamilton im Mercedes schon nach den ersten Metern passieren lassen. Verstappen lag zu Beginn der zweiten Runde als Achter bereits direkt hinter seinem WM-Verfolger Lando Norris. Der McLaren-Mann war als Vierter beim Start mal wieder nicht optimal weggekommen und fuhr im weiten Bogen über die Fahrbahnmarkierung hinaus. Hamilton übernahm derweil die Führung von Leclerc.

Verstappen steckte in einem Dilemma. Der Niederländer wollte Druck machen, durfte aber zugleich seine Reifen nicht verschleißen. "Es wird hart", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner über die ersehnte Aufholjagd seines Superstars nach einem Podest-Platz. "Ich sehe es als ein Rennen zur Schadensbegrenzung", sagte Verstappen und zog seinen Boxenstopp vor, steckte anschließend als 14. aber erstmal im Verkehr fest.

Russell setzt auf eine mutige Strategie

Der 26-Jährige tastete sich jedoch weiter an die Top drei heran. Zur Halbzeit hatte Verstappen nur noch George Russell im zweiten Mercedes, McLaren-Pilot Piastri, Leclerc und den Führenden Hamilton vor sich.

Leclerc eröffnete den Reigen der Spitzenfahrer, die sich bei einem zweiten Boxenstopp den nächsten Satz harter Reifen aufziehen ließen. Hamilton, Anfang Juli nach 945 Tagen Pause ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Silverstone wieder Grand-Prix-Sieger, reagierte kurz danach. An der Spitze hielt sich sein Teamkollege Russell, der mit nur einem Boxenstopp eine couragierte Strategie verfolgte. Hamilton war ganz dicht dran, kam aber nicht mehr vorbei.

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