Verbraucherzentrale: Viele Fälle von Verbraucher-Abzocke in Thüringen
Immer mehr Verbraucher in Thüringen nutzen das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale. Oft geht es um Rechtsfragen und Abzocke.
Falsch berechnete Zinsen, teure Energieverträge oder Abzocke bei angeblich wertvollen Büchern - der Beratungsbedarf der Thüringer bei der Verbraucherzentrale steigt. Ihre Mitarbeiter haben im vergangenen Jahr insgesamt etwa 10.100 Verbraucher beraten. Darunter waren mehr als 3000 Beratungen zum Thema Energie, sagte Mara Mertin von der Verbraucherzentrale Thüringen in Erfurt.
Die Zahl der Beratungen sei damit um etwa 1500 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. "2023 war für viele Verbraucher ein Jahr im Krisenmodus wegen hoher Preise für Lebensmittel und Energie." Diese Situation sei von einer Reihe von Unternehmen ausgenutzt worden, die unlauter agierten.
Vielfach sei es um Regelungen in Verträgen gegangen - vom Fitnessstudio über den Telekommunikations- bis zum Stromanbieter. Angesichts des gestiegenen Bedarfs sei Vertragsrechtsberatung zu den Themen Energie, Strom, Wasser ausgebaut worden. Sie machten inzwischen ein Drittel der knapp 7000 Beratungen zu Verbraucherrechten aus. Energierecht werde jetzt in allen zwölf Beratungsstellen thüringenweit angeboten. Zudem gebe es zweimal wöchentlich eine kostenfreie Energierechts-Hotline der Verbraucherzentrale.
Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale, Ralph Walther, forderte die Politik auf, die Finanzierung der ausgeweiteten Energierechts-Beratung dauerhaft zu sichern. Bisher sei sie nur bis zum Jahresende geklärt. "Wir müssen wegkommen von dieser instabilen Projektförderung", sagte Walther.
Zinsen falsch berechnet
Die Verbraucherschützer hatten es im vergangenen Jahr unter anderem mit falsch berechneten Zinsen bei lange laufenden Prämiensparverträgen zu tun. In einem Fall habe die Neuberechnung der Fachleute der Verbraucherzentrale einen Betrag von mehr als 7000 Euro ergeben, die der Ratsuchende dann bei seinem Geldinstitut durchsetzen konnte, sagte Rebecca Bergmann von der Verbraucherzentrale. Allein zu Zinsberechnungen habe es 100 Anfragen gegeben.
Für viel Beratungsbedarf sorgte auch ein Telekommunikationsanbieter, der laut Bergmann vor allem ältere Menschen mit einer unlauteren Masche abgezockt hat. Allein im vergangenen Jahr habe es mehr als 600 Beschwerden gegen einen Anbieter aus Nordrhein-Westfalen bei der Verbraucherzentrale Thüringen gegeben. "In diesem Jahr sind es auch bereits einige Hundert", sagte Bergmann. Sie berichtete von "verzweifelten älteren Menschen", die letztlich über längere Zeit telefonisch nicht mehr erreichbar waren.
Betrug mit vermeintlich wertvollen Büchern
In einem anderen Fall seien Verbraucher einer bundesweiten Betrugsmasche mit vermeintlich wertvollen Büchern aufgesessen. Die Täter hätten ihren Opfern Faksimile verkauft mit dem Versprechen, dass diese damit den Wert ihrer eigenen Sammlungen steigern und diese dann zu hohen Preisen verkaufen könnten. Dabei gaukelten sie vor, dass die Bücher deutlich wertvoller seien, als es tatsächlich der Fall ist.
Bei den Betroffenen handele es sich überwiegend um ältere Menschen, die früher Kunden des Nachschlagewerks "Bertelsmann Lexikothek" gewesen seien. Sie hätten teilweise Kredite aufgenommen, um die angeblich fehlenden Bücher ihrer Sammlung zu kaufen, damit diese im Wert steige. Von einem Thüringer wisse sie, dass er so sein Haus verloren habe. "Die Schadenssumme ist extrem hoch", sagte Bergmann. "Wir arbeiten mit der Polizei zusammen."
Neues Projekt: Ernährungsberatung
In diesem Jahr startet die Verbraucherzentrale ein neues Projekt, das ärmeren Menschen helfen soll, sich auch mit wenig Geld gesund zu ernähren. Es sollen Infostände, Beratungen und Gespräche angeboten werden - auch in Zusammenarbeit mit Sozialberatungsstellen, Familienzentren oder Tafeln.