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Olympia 2024: Eine Liebeserklärung an den Mannschaftssport

Stern 

Deutsche Teams begeistern aktuell bei Olympia, gewinnen teils auf spektakuläre Weise. Warum der Mannschaftssport unseren Autor so mitreißt.

Alexander Zverev hat sich die Olympischen Spiele anders vorgestellt. Mit hängendem Kopf trat der deutsche Tennisspieler vergangenen Donnerstag vor die Mikrofone der Journalisten – als Verlierer. Gerade musste er sich im Viertelfinale dem Italiener Lorenzo Musetti geschlagen geben. "Es war ein relativ schlechtes Olympia für Deutschland", resümiert Zverev bei Eurosport und verschwindet niedergeschlagen in den Katakomben. 

Deutschland bei Olympia bisher nur mittelmäßig

Allein mit seinem Frust. Das kennen so nur Einzelsportler. Auch für die Schwimmerin Angelina Köhler endeten die Spiele enttäuschend. Gerade einmal 0,21 Sekunden trennten sie im Finale über 100 Meter Schmetterling von Bronze. Noch im Becken brach die 23-Jährige in Tränen aus und schluchzte auch im Interview danach. Man wünschte sich Teamkolleginnen, die Köhler in den Arm nehmen.

Im Medaillenspiegel liegt Deutschland aktuell zwar auf einem mittelmäßigen zehnten Platz, doch einige Einzelsportler waren sehr erfolgreich. Die deutschen Reiterinnen und Reiter, Lukas Märtens im 400 Meter Freistil und Olli Zeidler im Ruder-Einer – sie alle holten Gold. Ich bewundere die Athleten für ihre Willenskraft, die sie im Wettkampf ganz ohne Teamkollegen aufbringen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass es im Sport zusammen schöner ist, egal ob Sieg oder Niederlage.

Angelina Köhler Schwimmen Paris Olympia Doping 06.08

Ein Team schweißt zusammen

Sport ohne eine Mannschaft kann ich mir kaum vorstellen. Tennis habe ich mal ausprobiert, doch auf dem Platz fühlte ich mich alleingelassen, ohne Rückhalt. Ich probierte es mit Handball – und fand hier das Miteinander, was ich zuvor vermisst hatte. Im Team motivierten wir uns, halfen einander auf, redeten im richtigen Moment aber auch mal Klartext. Die Aufregung vor dem Wettkampf, die engen Phasen eines Spiels –das alles mit mir selbst ausmachen? Undenkbar!

Meine Mitspieler wurden zu engen Freunden. Und sind es immer noch. Kein Wunder: Wer sich in brenzligen Situationen auf dem Spielfeld vertraut, tut es auch abseits davon. Wir feierten Siege, waren nach Pleiten gemeinsam einsam, gingen einen trinken – auch mal mit der gegnerischen Mannschaft! Hauptsache: nicht allein. Wenn's weh tut, schweißt das umso mehr zusammen. In guten wie in schlechten Zeiten. Auch, wer verletzt war, blieb nicht allein. Den Teamkollegen im Krankenhaus besuchen? Ehrensache.

Momente, die es nur im Mannschaftssport gibt 

Mannschaftssport setzt Kräfte frei. Bei den deutschen Handballern sind sie im Viertelfinale gegen Frankreich regelrecht explodiert. Der überragende Renārs Uščins spielte sich, angetrieben von den Teamkollegen, in einen Rausch und traf 14 Mal. Als der 22-Jährige in der Verlängerung auch noch den entscheidenden Treffer zum 35:34-Sieg erzielte, brach grenzenloser Jubel los. Die Mitspieler rannten zum "Man of the Match" und herzten ihn. Ein Gänsehaut-Moment, den es – wie ich finde – nur im Mannschaftssport geben kann.

Deutsche Basketballer Nationalteam Olympia Paris 18.16

Das gilt nicht nur für den Handball. Als die Hockey-Herren sich nach dem dramatischen Sieg gegen Indien in den Armen lagen, hätte ich am liebsten mitgejubelt. Sportler, die gemeinsam gewinnen und verlieren – Markus Lanz würde sagen: "das macht was mit einem". Auch mit mir als Zuschauer. 

Wenn ich mich entscheiden müsste: lieber der zwölfte Mann auf der Couch als alleine auf dem Platz.

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