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Druck von innen und außen auf israelische Regierung für Waffenruhe mit der Hamas

Stern 

Bei den Verhandlungen für eine Waffenruhe im Gazastreifen wächst der Druck auf die israelische Regierung. Nach der Bergung der Leichen von sechs weiteren israelischen Geiseln drängten die Familien der verbleibenden israelischen Geiseln im Gazastreifen am Dienstag erneut auf eine Waffenruhe-Vereinbarung mit der dort herrschenden radikalislamischen Hamas. Während US-Außenminister Antony Blinken in den Vermittlerländern Ägypten und Katar über das angestrebte Abkommen sprach, warf ein Mitglied seiner Delegation Israel überzogene Forderungen vor.

Das Delegationsmitglied, das nicht namentlich genannt werden wollte, bezog sich auf Berichte, wonach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei den Verhandlungen verlange, die Kontrolle über den sogenannten Philadelphi-Korridor an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu behalten. "Maximalistische Äußerungen wie diese sind nicht konstruktiv, um eine Waffenruhe-Vereinbarung über die Ziellinie zu bringen", sagte der mit Blinken reisende hochrangige US-Vertreter.

Blinken war am Dienstag zunächst nach Ägypten gereist, wo er unter anderem mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi zusammentraf. Dieser warnte vor einer Ausweitung des Konflikts.

In der ägyptischen Hauptstadt Kairo sollen im Laufe der Woche die am Freitag in der katarischen Hauptstadt Doha unterbrochenen Gespräche wiederaufgenommen werden. Von Kairo reiste Blinken nach Doha, um den katarischen Staatschef Scheich Tamim bin Hamad al-Thani zu treffen. Blinken warnte in Doha, die Zeit für ein Abkommen dränge. Eine "langfristige" israelische Besatzung des Gazastreifens wollen die USA demnach nicht zulassen. 

Die USA hatten den Konfliktparteien vor wenigen Tagen einen neuen Kompromissvorschlag für ein Abkommen vorgelegt. In einer gemeinsamen Erklärung der Vermittler USA, Ägypten und Katar hieß es anschließend, der Vorschlag überbrücke "verbleibende Lücken".

Nach einem Gespräch mit Netanjahu sagte Blinken am Montag, dieser habe ihm bei einem "sehr konstruktiven Treffen" bestätigt, den Kompromissvorschlag akzeptieren zu wollen. Nun sei es an der Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen.

Nach den Worten von US-Präsident Joe Biden rückt die Palästinenserorganisation jedoch von einem Abkommen mit Israel ab. "Israel sagt, sie können eine Lösung finden (...) Hamas macht nun einen Rückzieher", sagte Biden.

Die Hamas wies diese Äußerungen als "irreführenden Behauptungen" zurück. Damit gäben die USA Israel "grünes Licht" dafür, den Krieg weiterzuführen, hieß es in einer Erklärung. In Wirklichkeit sei die Hamas sehr daran interessiert, ein Abkommen für eine Waffenruhe zu erreichen.  

Die Dringlichkeit einer Vereinbarung machte die Bergung von sechs getöteten israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen deutlich. Die Körper der bereits zuvor für tot erklärten Israelis seien aus dem Gebiet von Chan Junis zurückgeführt worden, teilte die israelische Armee mit. 

Demnach handelte es sich um Jagev Buchschtab, Alexander Dancyg, Joram Metzger, Nadav Popplewell, Chaim Perry sowie Avraham Munder. Die Bergung erfolgte demnach bei einem gemeinsamen Einsatz mit dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet.

Die Familien der noch im Gazastreifen festgehaltenen Menschen forderten die israelische Regierung erneut auf, ihre Angehörigen im Rahmen eines mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas geschlossenen Abkommens zurück nach Israel zu bringen. Die israelische Regierung müsse "alles in ihrer Macht Stehende" für ein entsprechendes Abkommen tun, erklärte das Forum der Geiselfamilien.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1198 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seitdem massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bisher mehr als 40.100 Menschen getötet.

Nach den Tötungen von Hamas-Chef Ismail Hanija und dem Militärchef der Hisbollah im Libanon, Fuad Schukr, Ende Juli hatte sich die Situation weiter verschärft. Der Iran und seine Verbündeten machten Israel dafür verantwortlich und drohten mit Vergeltung.

Am Dienstag feuerte die Hisbollah-Miliz israelischen Angaben zufolge "etwa 55 Geschosse" auf die von Israel annektierten Golanhöhen und den Norden Israels ab. Berichte über Verletzte gab es nicht. Allerdings brach an mehreren Orten Feuer aus. Das libanesische Gesundheitsministerium erklärte, bei israelischen Luftangriffen seien im Süden des Libanon drei Menschen getötet worden. 

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