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Wohnungsbaukrise: Verband sieht steile Abwärtsbewegung auf dem Wohnungsmarkt

Stern 

Die Wohnungsnot in Hessen spitzt sich zu. Um das Bauen anzukurbeln, fordert die Wohnungswirtschaft Impulse von der Landesregierung. Minister Mansoori sieht Spielräume.

Bei der Zahl der Baugenehmigungen in Hessen zeichnet sich ein massiver Einbruch ab. Im ersten Halbjahr 2024 seien 26,5 Prozent weniger Genehmigungen erteilt worden als im Vorjahr, rechnet der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW) vor. Im Vergleich zu 2022 sei das gar ein Rückgang um 41,8 Prozent. Auch das Statistische Landesamt hatte kürzlich auf den Trend hingewiesen. 

Während die Zahl der Baufertigstellungen "einigermaßen konstant" geblieben sei, wertet VdW-Vorstand Axel Tausendpfund die "steile Abwärtsbewegung bei den Baugenehmigungen" als Frühindikator für wachsende Nöte auf dem hessischen Wohnungsmarkt. "Für viele Menschen ist es jetzt schon schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Das wird in Zukunft noch viel schwieriger", prognostiziert Tausendpfund. Zumal auch die Baulandkäufe rückläufig seien, was langfristig eine weitere Verschärfung der Wohnungsnot erwarten lasse. 

Schon in guten Jahren ist nach Einschätzung des VdW zu wenig gebaut worden. Nun schlage die Krise am Bau voll durch. "Die fehlenden Baugenehmigungen verhindern die Fertigstellung potenzieller Wohnungen von morgen", betont Tausendpfund. Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen spricht gar von "sozialem Sprengstoff".

Preisdruck als Ursache

Zu den Ursachen zählt nach Einschätzung der Verbände der große Preisdruck in der Branche. Während die Mieten im vergangenen Jahr um 6,8 Prozent gestiegen seien, habe sich das Bauen und die Instandhaltung nach Angaben des VdW um 25 Prozent verteuert. Die durchschnittliche Nettokaltmiete betrage in Hessen 8,21 Euro pro Quadratmeter, bei den im Verband organisierten Unternehmen hingegen nur 7,19 Euro. So sei kostendeckendes Bauen nicht mehr möglich.

Um die Bautätigkeit im Land wieder in Schwung zu bringen, fordert der Verband schnelle Unterstützung von der Politik. Punkt eins sei eine Absenkung der Bauzinsen auf ein Prozent. "Das wäre für den Staat keine Subvention, sondern eine Investition, weil die dann angekurbelte Baukonjunktur die notwendigen Steuereinnahmen einbringen würde", erklärt der VdW-Vorstand. Zudem müsse die Hessische Bauordnung verschlankt werden, um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dabei gehe es etwa um die Aufstockung bestehender Gebäude oder den Verzicht auf Stellplätze. Als dritten Impuls fordert der Verband von der Landesregierung bessere Förderprogramme für das serielle Bauen mit vorgefertigten Teilen. 

Minister sieht Spielraum bei Stellplätzen

Mit einer Novellierung der Bauordnung beschäftigt sich seit Mitte des Jahres eine Expertenkommission, die das Hessische Wirtschaftsministerium ins Leben gerufen hat. Darin ist auch die der VdW vertreten. Für eine Zwischenbilanz sei es noch zu früh, räumt Tausendpfund ein. Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) erhofft sich von der Kommission "bald pragmatische Vorschläge, wie wir insbesondere den Wohnungsbau durch weniger Vorgaben und Bürokratie günstiger und schneller machen". Aktuell konzentriere sich die Kommission auf drei Bereiche: "Wir wollen den Aus- und Umbau bestehender Gebäude einfacher machen. Wir setzen auf Beschleunigung und Vereinfachung. Sprich, es soll weitere Ausnahmen geben, wo keine Baugenehmigung erforderlich ist. Und auch bei den geltenden Regelungen zu Stellplätzen sehen wir Spielraum", versichert der Minister auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Im Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW) sind nach eigenen Angaben rund 200 private und öffentliche Wohnungsunternehmen in Hessen und dem südlichen Rheinland-Pfalz mit einem Bestand von 400.000 Wohnungen organisiert.

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