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Luftmobilität: Flugtaxis laut Studie teuer und nicht unbedingt CO2-ärmer

Stern 

Der Hype um Flugtaxis kriegt immer wieder Aufwind. Menschen transportieren dürfen die innovativen Fluggeräte bisher nicht. Eine Forscherin hat nun verschiedene Faktoren unter die Lupe genommen.

Flugtaxis schneiden in einer Studie deutlich schlechter ab als ihr Ruf. Laut einer Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen verkürzen sich Reisezeiten kaum, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen steigen. "Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein."

Die sogenannte Urban Air Mobility (UAM, städtische Luftmobilität) wird häufig als nachhaltig, schnell und günstig angepriesen, wie ZEW-Forscherin Anna Straubinger sagte. "Unsere Studien zeigen aber, dass die tatsächlichen Vorteile sehr begrenzt sind."

Höchstens geringer Beitrag zu Dekarbonisierung zu erwarten 

So stießen die elektrischen Flugtaxis nur im Vergleich zu Verbrenner-Autos weniger CO2-Emissionen aus. Gegenüber Fahrten mit E-Autos benötigten sie sogar mehr Energie. "Daher leisten sie keinen positiven Beitrag zur Energiewende im Verkehrssektor." 

Der hohe Energieverbrauch der senkrecht startenden und landenden Fluggeräte im Vergleich etwa zu Auto, ÖPNV oder Fahrrad führt laut der Analyse dazu, dass UAM höchstens einen geringen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssystems leisten kann. Sie bräuchten darüber hinaus spezielle Start- und Landeplätze, was Wartezeiten, An- und Abfahrtswege verursache. "Berechnet man diese ein, führt dies nur selten zu einer Zeitersparnis." 

Vorteile für wenige, Nachteile für Nichtnutzer

Zudem seien sie recht teuer und eher etwas für Wohlhabende: Kurz- bis mittelfristig peilen Hersteller und mögliche Betreiber laut Straubinger einen Kilometerpreis von fünf Euro an. Das sei etwa 2,5 Mal so teuer wie beim Taxi und ungefähr 15 Mal teurer als ein Auto. "Die negativen Folgen wie Lärm und visuelle Beeinträchtigungen am Himmel betreffen jedoch alle, auch den voraussichtlich großen Anteil der Bevölkerung, der UAM nicht nutzen wird." 

Einen wirklichen Mehrwert bieten die Fluggeräte Straubingers Analyse zufolge hingegen bei Notfalleinsätzen sowie bei der Anbindung abgelegener Regionen. "Für diese Einsatzzwecke können wir auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung erwarten." In Deutschland beispielsweise ist die ADAC-Luftrettung an einem Einsatz der Fluggeräte interessiert. 

Die Forscherin kommt zu dem Schluss, dass UAM ein privatwirtschaftlich tragfähiger Beitrag zum zukünftigen Verkehrssystem werden könnten. Kommunen und Entscheidungsträger sollten Nutzen und Kosten des Einsatzes der neuen Technologie jedoch sorgfältig abwägen, um regulatorische Rahmenbedingungen für die Einführung in Europa zu schaffen.

Volocopter: Neue Technologien brauchen Zeit, um sich durchzusetzen

Eine Sprecherin des Herstellers Volocopter aus dem badischen Bruchsal verwies darauf, Ziel sei, die "lange Reise zur Dekarbonisierung der Luftfahrtindustrie zu beginnen" und Kunden in bestimmten Städten und Märkten ein sichereres, leiseres und schnelleres Transportmittel zu bieten. Das Unternehmen hat vor allem Großstädte mit hohem Verkehrsaufkommen wie Rom und Paris im Blick, wo man selbst bei kurzen Strecken viel im Stau steht. Eine Studie habe 2022 für San Francisco gezeigt, dass ein UAM-System die Metropole entlasten könnte.

Ferner kritisierte sie den Vergleich mit Autos, Bussen und Co. als nicht fair, "denn nach den Gesetzen der Physik wird das Fliegen immer mehr Energie verbrauchen als das Rollen, insbesondere beim Start, beim Schweben und bei der Landung". Zu berücksichtigen sei auch der Platz, den ein Elektrofahrzeug auf der Straße einnimmt im Vergleich zu einem fliegenden Fahrzeug mit der gleichen Anzahl von Passagieren. "Diese Art der Beförderung ist neu, und neue Technologien brauchen Zeit, um sich in der breiten Masse durchzusetzen", sagte sie. Man verstehe die Bedenken und arbeite weiter am Verständnis der Menschen. 

Zulassung für Passagierflüge fehlt

Für den Transport von Menschen fehlt Herstellern wie Volocopter und Lilium aus Oberpfaffenhofen bei München eine Musterzulassung der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit Easa. Zumal die Unternehmen immer wieder mit Geldproblemen hadern. Erst Mittwoch hatte die bayerische Staatsregierung eine Staatsbürgschaft für Lilium von 100 Millionen Euro in die Wege geleitet, die sie zu gleichen Teilen mit dem Bund übernehmen will. 

Volocopter hatte zwar mit Flügen seiner Flugtaxis zu den Olympischen Spielen in Paris einen werbewirksamen Coup gelandet. Anfang September folgte dann aber die Ankündigung, dass Geschäftsführer Dirk Hoke das Unternehmen Ende Februar verlassen will. Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche soll als neuer Beiratsvorsitzender nun einen Nachfolger suchen. 

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