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Deutsche Forscher in Ägypten: Was es mit dem spektakulären Mumienfund auf sich hat

Stern 

Ewig gruben Archäologen in der Totenstadt Assiut am Nil. Nun ist ihnen ein außergewöhnlicher Coup gelungen. Der Leiter der Grabung erklärt, was dahinter steckt.

Es ist ein außergewöhnlicher Fund: Deutsche Forscher haben gemeinsam mit Kollegen aus Ägypten, Japan und Polen in der Totenstadt von Assiut am Nil das Grab einer Priesterin freigelegt. Es lagt versteckt im Grab eines einstigen Gouverneurs. Aber was macht den Fund so besonders? Professor Jochem Kahl von der Freien Universität Berlin, der die Ausgrabung gibt Antworten auf wichtige Fragen.    

Was macht die Grabstätte so besonders? 

Die gesamte Nekropole ist etwa einen Kilometer lang und 200 Meter hoch. In ihr befinden sich tausende von Gräbern. Eines der größten ist das Grab des Regionalgouverneurs Djefai-Hapi I. aus der Zeit um 1880 v. Chr. Es besitzt eine monumentale Felsarchitektur mit über 11 Meter hohen, bis zu 28 Meter tiefen und 70 Meter weit in den Felsen gehauenen Räumen, die mit Malereien und Inschriften versehen sind. Djefai-Hapi I. wurde in der Antike vergöttlicht und sein Grab war mehr als 2000 Jahre ein fester Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses des alten Ägypten.

Experte Jochem Kahl

Was ist über den Gouverneur bekannt?

Djefai-Hapi I. war zweimal verheiratet und hatte eine einzige Tochter namens Idy. Deren Grab hat das internationale Wissenschaftlerteam nun nach genau 20 Jahren Feldarbeit freilegt. Idy war eine Priesterin der Göttin Hathor und trug die Bezeichnung "Herrin des Hauses", was sie als Frau aus einer wohlhabenden Familie ausweist. 

Warum wurde Idys Grab erst jetzt freigelegt? 

Seit den 1960er Jahren liegt die Nekropole von Assiut in einem militärischen Sperrgebiet. Einige der größeren Gräber wurden vom Militär als Unterkünfte und zur Lagerung von Gegenständen genutzt. Dazu zählte auch das Grab des Generalgouverneurs Djefai-Hapi I. Sein ursprünglicher Boden wurde mit einer Betonschicht überdeckt. 

Wie kam es dann zur Entdeckung von Idys Grab? 

Der britische Reiseschriftsteller und Journalist Bayle St. John hatte schon im Jahr 1851 von einer Öffnung im Grabgang ihres Vaters berichtet. Bei Literaturrecherchen stieß man auf diese Notizen und entfernte den Betonboden. Dabei stieß man auf zwei Schächte, von denen einer zum Grab von Idy führte. Er ist 14 Meter lang und führt senkrecht nach unten bis zu einer mit Bruchsteinen verschlossenen Seitenkammer. 2022 wurde damit begonnen, diesen Schacht freizulegen. Nach drei Grabungskampagnen kam es dieses Jahr dann zum sensationellen Fund.

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Welche Fundstücke kamen neben dem Mumienfund zutage? 

Idy wurde in zwei ineinander geschachtelten Holzsärgen begraben. Zwar hatten Grabräuber schon in der Antike sämtliche Schmuck- und Metallgegenstände daraus geraubt, aber alle anderen Grabbeigaben scheinen für die antiken Plünderer uninteressant gewesen zu sein. Die Entdeckung ist ästhetisch wie wissenschaftlich außerordentlich. Die aus ausländischem Holz gefertigten, jeweils ca. 200 bis 300 Kilogramm schweren Särge sind perfekt gefertigt und erhalten. Mit einer Länge von 2,62 und 2,03 Metern sind sie überdurchschnittlich groß und komplett mit wundervollen Bildern und Texten für das Jenseits dekoriert. Sie knüpfen damit nahtlos an die herausragende Qualität der Texte und Bilder im Grab ihres Vaters Djefai-Hapi I. an.

Wie bedeutsam sind die Funde für die Wissenschaft? 

Insbesondere die Fülle von Texten – religiöse Texte (sog. Sargtexte), Opferlisten und Titel – wird es erlauben, neue und weitreichende Aussagen zur Stellung der Frauen und zum Wissenstransfer im alten Ägypten zu treffen. Bilddarstellungen zeigen Objekte, die zum Bestattungsritual gehörten. Weitere Beigaben wie Statuen, ein Dolch, Herrschaftsinsignien oder Nahrungsbeigaben, die noch den Gefäßen zugeordnet werden können, in denen sie der Verstorbenen dargebracht worden waren, tragen zu einem besseren Verständnis der Bestattungsrituale bei.

Was erzählen die Funde über die Person Idy?

Neben den beiden Holzsärgen entdeckten die Forscher eine ebenfalls beschriftete Kiste mit den Kanopen der Idy. Das sind die bei der Mumifizierung entnommenen Eingeweide Leber, Milz, Lunge und Gedärm. Reste von Idys Gewand sowie ihre durch die antiken Plünderer komplett zerfledderten Knochen erlauben Aufschluss zu ihrer Person: Nach einer ersten Beurteilung dürfte die Frau ca. 40 Jahre alt geworden sein und an einem Fußleiden laboriert haben. 

Wo werden die Fundstücke bleiben? 

Nach einer ersten Konservierung der Holzobjekte in der Grabkammer und der anschließenden aufwändigen Bergung aus dem engen Schacht werden die Funde dem Ägyptischen Ministerium für Antiken und Tourismus übergeben. 

Gibt es noch mehr solcher potenziellen Fundorte in der Nekropole? 

Die gibt es. Aber viele der dort gefundenen Objekte landen illegal auf dem Markt für antike Güter. Die Forscher selbst sind immer nur sechs bis acht Wochen zum Graben dort. Dazu brauchen sie jedes Jahr die Genehmigung des Militärs und der Umweltbehörde.

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