Thüringen: Linke pocht auf Vertrag mit Brombeer-Koalition
Eine Koalition aus CDU, BSW und SPD wäre in Thüringen auf das Verhalten der Linken angewiesen. Die fordert eine schriftliche Vereinbarung - noch vor der Ministerpräsidentenwahl.
Stabilität soll einen Preis haben: Die Linke pocht auf einen Vertrag, wenn sie in Thüringen die sich anbahnende Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD tolerieren soll. "Wir wollen ein Verfahren, das verbindlich, auch schriftlich niedergelegt ist", sagte Thüringens Linke-Fraktionschef Christian Schaft nach einem Gespräch mit Vertretern von CDU, BSW und SPD.
Es sei ein weiteres Treffen nötig. Linke-Co-Chefin Ulrike Grosse-Röthig sagte, ein erster Gesprächsfaden sei aufgenommen worden: "Wir bieten der Brombeere an, zu stabilen Verhältnissen in Thüringen zu kommen - über eine Vereinbarung."
Linke erinnert an Stabilitätspakt mit der CDU
Hintergrund sind die komplizierten Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag. CDU-Chef Mario Voigt schmiedet derzeit eine Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD - ein deutschlandweit bisher einzigartiger Versuch.
Doch als wären die teils großen Unterschiede der potenziellen Partner nicht Herausforderung genug, hätte die Koalition im Parlament in Erfurt keine eigene Mehrheit. Die drei Parteien kommen zusammen auf 44 der 88 Sitze. Das wäre ein Patt zu den beiden Oppositionsparteien AfD und Linke. Will die angestrebte Koalition unabhängig vom Agieren der AfD sein, braucht sie Unterstützung von den Linken - durch Enthaltungen oder Zustimmung für Gesetze.
Die Linke signalisiert zwar Offenheit, eine Brombeer-Koalition zu tolerieren, will dafür aber auch etwas haben. Schaft erinnerte an den Stabilitätspakt, den es zu Beginn der rot-rot-grünen Minderheitsregierung mit der CDU gegeben hatte. Für die CDU galt der Pakt damals als kniffliges Unterfangen, denn ein Bundesparteitagsbeschluss verbietet es den Christdemokratien mit der AfD oder den Linken zusammenzuarbeiten. Die Vereinbarung mit Rot-Rot-Grün hielt damals trotzdem etwa ein Jahr lang.
Testfall Ministerpräsidentenwahl
"Die Frage steht im Raum, warum das jetzt nicht unter den gegebenen Bedingungen möglich sein soll", sagte Schaft. Damit könne man "eine gewisse Verlässlichkeit" herstellen. "Ich glaube, das ist auch das, was erwartet wird." Seiner Ansicht nach müsste in einem Vertrag mit der Brombeer-Koalition stehen, dass keine wechselnden Mehrheiten mit der AfD gebildet werden. Dies hatte vor allem SPD-Chef Georg Maier immer wieder als Bedingung für eine Regierungsbildung formuliert.
Außerdem müsste laut Schaft in einer schriftlichen Vereinbarung geregelt sein, wie Mehrheiten im Parlament gefunden werden sollen. "Da kann der Stabilitätspakt, den es 2020, 2021 gab, von der Herangehensweise durchaus ein Modell sein", sagte Schaft.
Die Linke sei auch offen für konkrete Vereinbarungen - etwa bei der Finanzierung "der Transformation der Krankenhauslandschaft", beim Thema Beitragsfreiheit im Bildungsbereich oder beim Thema Infrastruktur.
Brombeer-Koalition will neues Verfahren einführen
Im Brombeer-Koalitionsvertrag ist die Rede von einem "prälegislativen Konsultationsverfahren". Im Gespräch ist etwa, dass größere Reformprojekte oder Gesetze nach der Kabinettsbefassung als Entwurf an den Landtagspräsidenten geleitet werden, der den Entwurf an die Fraktionen verteilt. Anmerkungen und Ideen der Fraktionen könnten dann später wieder an die Regierung gehen, die darüber entscheidet, wie damit umgegangen werden soll. Schaft machte klar, dass der Linken dieses Verfahren nicht ausreicht.
Ein Sprecher der CDU-Fraktion teilte mit, in dem Gespräch von CDU, BSW, Linke und SPD sei es auch um die Zeitschiene für die Ministerpräsidentenwahl gegangen. "CDU, BSW und SPD appellieren an die gemeinsame Verantwortung, mit der Wahl des Ministerpräsidenten sicherzustellen, dass Thüringen zu einer handlungsfähigen Regierung kommt".
Schaft betonte, eine Vereinbarung mit der Linken, wie Mehrheiten im Parlament gefunden werden, müsste noch vor der Ministerpräsidentenwahl zustande kommen. "Solange bei dem Punkt noch keine Lösung gefunden worden ist, ist die Frage auch noch offen, wie wir uns entsprechend verhalten." Als Termin für eine Ministerpräsidentenwahl ist derzeit der 12. Dezember im Gespräch.