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"ZDF Magazin Royale": Kuschelt "Nius" mit Rechtsextremen? Böhmermann nimmt sich Reichelt-Sender vor

Stern 

Wie rechts ist "Nius"? Dieser Frage widmet sich ZDF-Satiriker Jan Böhmermann in seiner Sendung. Und will Verbindungen des Onlinemediums in rechtsextreme Kreise gefunden haben.

Ein Mann mit geschwärzter Augenpartie erscheint zu Beginn der neuen Folge "ZDF Magazin Royale". Wer mag das bloß sein? Um das zu beantworten, braucht es keinen zweiten Blick. Es handelt sich offensichtlich um Julian Reichelt. Und der schwarze Zensurbalken ist lediglich ein Scherz. Später rutscht er sogar herunter und Reichelts Augen sind eindeutig zu sehen.

Den Zuschauern der Sendung dürfte sofort klar gewesen sein: In dieser Woche knüpft sich Jan Böhmermann den ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt vor, der jetzt für das Onlinemedium "Nius" tätig ist.

Hotel mit Schwimmbad für Geflüchtete?

Anfangs widmet sich Böhmermann aber anderen Personen, die in Verbindung mit "Nius" stehen. Etwa Politikern, die sich zu Interviews mit dem Sender bereiterklärt haben. "Wer würde jemals freiwillig zu einem Medium wie 'Nius' gehen, um sich da vor die Kamera zu setzen und interviewen zu lassen?", fragt Böhmermann. Es folgen Interviewausschnitte von Jens Spahn (CDU), Christian Lindner (FDP), Wolfgang Kubicki (FDP), Michael Kretschmer (CDU), Carsten Linnemann (CDU) – alle im Gespräch mit "Nius"-Journalist Ralf Schuler.

Um den Zuschauern zu erklären, was daran schlimm ist, holt Jan Böhmermann weit aus. Er stellt zunächst Frank Gotthardt vor – den Finanzier und 'Sugar Daddy' von 'Nius'". Das Vermögen des Koblenzer Unternehmers wird auf Milliardenhöhe geschätzt, weswegen Böhmermann ihn den "König von Koblenz" nennt. Gotthardt sei Hauptanteilseigner der Firma "Vius SE und Co KGaA" und betreibe damit "Nius", erklärt der Satiriker.

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"Nius" arbeitet nach eigenen Angaben gegen eine Übermacht der linken Medien in Deutschland an. Gotthardt nennt das eine "staatsbürgerliche Verantwortung". Als ein Beispiel der Berichterstattung zeigt Jan Böhmermann einen Clip des Onlinemediums über ein Hotel in Frankfurt mit Indoor-Pool, was zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden solle. Der Satiriker geht in den Faktencheck: Das Schwimmbad sei geschlossen worden, es werde lediglich ein altes Hotel zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut. "Es gibt da keinen schönen Indoor-Pool für geflüchtete Menschen", so Böhmermann.

"Nius"-Journalistin singt vermeintlich rechten Schlager

Die Frau aus dem Beitrag, "Nius"-Journalistin Melissa Timke, nimmt sich Böhmermann als Nächstes vor. "Hatte ich die nicht in meinem Spotify-Wrapped?", scherzt er und lässt Musikvideos von ihr abspielen. Unter dem Künstlernamen "Klara Korn" ist sie nämlich als Schlagersängerin bekannt. In dem Song "Tag X" aus der Coronazeit singt sie: "Wir wollen die alte Zeit zurück" und "wir warten alle auf Tag X".

Damit sei nicht der "rechtsextreme Code für einen gewaltsamen Umsturz der demokratischen Ordnung" gemeint, sagt Böhmermann ironisch – und zeigt daraufhin eine absurde Rechtfertigung der Journalistin, die sie der ZDF-Magazin-Royale-Redaktion auf Anfrage per E-Mail zukommen lassen hat. Darin steht: "Richtig ist vielmehr, dass die Bezeichnung 'Tag X' vielseitig verwendet wird, u.a. von der ZDF-Serie 'Terra X' (Quelle: Terra X Tag X: 1. Der Untergang der Azteken – 30. Juni 1520 – fernsehserien.de)." Böhmermanns Resümee: "Super Musikerin, noch bessere Journalistin."

Anschließend widmet sich Böhmermann "Nius"-Artikeln, die aus dem Netz genommen wurden. Seine Redaktion habe sie wieder ausgegraben. Während das Onlinemedium selbst der "Süddeutschen Zeitung" vorwarf, von anderen abzuschreiben, konnten der Satiriker und sein Team "Nius"-Texte finden, die zu großen Teilen von "Yahoo" und "t-online" abgeschrieben sind. "Geht so konservativer Journalismus gegen die linke Übermacht?", fragt Böhmermann sichtlich amüsiert.

Zwei Rechtspopulistinnen zu Gast

Doch damit nicht genug. Es folgt ein Ausschnitt aus einem Reichelt-Interview mit Eva Vlaardingerbroek, einer niederländischen Rechtspopulistin, die von Bevölkerungsaustausch und einem göttlichen Kampf der weißen Christen gegen die Elite spricht. "Ich lasse mich nicht manipulieren von diesen Globalisten, die eine sehr schlimme Agenda haben", so Vlaardingerbroek in dem Video. "Globalisten" sei ein Codewort für antisemitische Weltverschwörung einer jüdischen Elite, heißt es in der Sendung.

Eine Frau mit ähnlichen Ansichten war zudem zu Gast beim österreichischen Medium "Exxpress", das neuerdings zu 50 Prozent Gotthardts "Vius"-Firma gehört. Magdalena Menegus, die laut Böhmermann in rechtsextremen Kreisen bestens vernetzt sei. Sie singt nicht nur auf Bühnen, etwa bei Veranstaltungen der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative", sondern scheint auch Artikel für "Exxpress" zu schreiben. Allerdings wurde ihr Name nachträglich entfernt und durch "Redaktion" ersetzt, wie Böhmermann nachweist. Ein ähnliches Muster vermutet er bei "Nius".

Jan Böhmermann: Über 10.000 Artikel untersucht

"Deswegen haben wir die ganze 'Nius'-Seite einfach mal heruntergeladen", berichtet Böhmermann. Seine Mitarbeiter haben demnach über 10.000 Artikel untersucht und sich den Quellcode von den Texten, in denen die "Redaktion" als Autor angegeben ist, genauer angeschaut. 73 Mal tauchte im Quellcode der Name "Magdalena Menegus (extern)" auf. Zuletzt unter einem Artikel im November. Ob sie alle Artikel selbst geschrieben habe, wisse seine Redaktion nicht, meint Böhmermann. "Nius", "Exxpress" und Menegus haben dazu keine Auskünfte geben wollen.

Die ZDF-Magazin-Royale-Redaktion habe Reichelt um eine Stellungnahme gebeten, auf die der "Nius"-Chef aber verzichtete. Stattdessen lud er am Vortag, bevor er Böhmermanns Sendung gesehen hat, ein 26-minütiges Reaktions-Video mit dem Titel "Böhmermann will Nius zerstören – Himmlers williger Vollstrecker!" hoch, in dem er sich und seinen Arbeitgeber verteidigte. Daraus stammt der Ausschnitt zu Beginn der Sendung. Er würde den Begriff Globalisten selbst nicht verwenden, da er in Deutschland missverstanden werden könnte, so Reichelt. Damit seien nicht Juden gemeint, sondern linke Eliten.

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