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AfD-Sympathisant: Warum sich Elon Musk in die deutsche Politik einmischt

Stern 

Kurz vor Weihnachten positioniert sich Elon Musk erstmals im deutschen Wahlkampf, in der "Welt" legt er nun nochmal nach. Dahinter dürfte ein größerer Plan stecken.

Der Tech-Milliardär Elon Musk, Chef von Tesla und Gründer der Raketenfirma SpaceX, mischt sich weltweit immer wieder in die Politik ein – zunehmend auch in Deutschland. Nach dem Anschlag in Magdeburg, bei dem fünf Menschen starben, hat Musk in seinem sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) Bundeskanzler Olaf Scholz als "unfähigen Idioten" beleidigt und dessen Rücktritt gefordert.

Nur wenige Stunden vor dem Anschlag hatte Musk indirekt eine Wahlempfehlung für die AfD ausgesprochen: Nur diese könne Deutschland retten, schrieb er. Nach Weihnachten legt der Milliardär nochmal nach. In einem Beitrag für die "Welt am Sonntag" begründet Musk seinen Wahlaufruf, bezeichnet die AfD darin als "letzten Funken Hoffnung für dieses Land". Bei den Themen Wirtschaftsbelebung, Energieversorgung und Kontrolle der Migration vertrete die AfD die richtigen Standpunkte.

In der Redaktion sorgte die Veröffentlichung für reichlich Unmut. Auf X, eben jenem Medium, das Musk gehört, distanzierten sich zahlreiche Redakteure des Verlags von dem Beitrag. Eva Maria Kogel, Ressortleiterin Meinung bei der "Welt" und der "WamS" verkündete auf X, dass sie mit dem Andruck des Beitrags ihre Kündigung eingereicht habe. 

Elon Musk sorgt für Aufregung: Gastbeitrag in der "Welt" führt zu Kündigung 15.5

Debatte über Musk-Beitrag in Zeitung

Medienberichten zufolge soll der Abdruck des Gastbeitrages von Musk bereits vor Heiligabend eine heftige Kontroverse innerhalb der Redaktion ausgelöst haben. So habe der Redaktionsausschuss schon damals vor der Veröffentlichung gewarnt, schreibt der Branchendienst "Medieninsider", der "Spiegel" berichtet von weiterem Streit in der finalen Redaktionskonferenz am Freitag.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sah den Gastbeitrag des Tech-Milliardärs kritisch. DJV-Vorsitzender Mika Beuster rief Redaktionen dazu auf, sich im Bundestagswahlkampf nicht instrumentalisieren zu lassen und "extrem sorgfältig" mit Gastbeiträgen umzugehen. "Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen", erklärte Beuster. 

Bisher hat Musk nur beleidigt 

In Deutschland hatte Musk bisher nur indirekt Sympathien für die AfD gezeigt. Stattdessen nahm er sich immer wieder Politiker anderer Parteien wie Robert Habeck von den Grünen für abfällige Kommentare vor. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte er zum "Narren", über dessen Vorgängerin Angela Merkel schrieb er: "Wer ist diese Merkin-Person?" – ein vermutlich bewusster Tippfehler. Merkin bedeutet auf Englisch Schamhaarperücke.

Sein Post am Tag des Magdeburg-Anschlags, dass "nur die AfD" Deutschland "retten" könne, ist eine neue Form. Eine Einmischung des Multimilliardärs und Trump-Beraters in den deutschen Wahlkampf. 

Rettet er Christian Lindner? 15.20

Die AfD reagierte sofort. Parteichefin Alice Weidel antwortete Musk, er liege komplett richtig. Auch andere deutsche Politiker äußerten sich: Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner riet Musk, nicht vorschnell zu urteilen. Er habe die Debatte angestoßen, sich in Deutschland von den Ideen Musks und Javier Mileis inspirieren zu lassen. Dann lud er Musk zu einem direkten Austausch ein.

Auch nach dem Veröffentlichen des Beitrags in der "Welt" reagierte Weidel umgehend und teilte mehrere Ausschnitte aus Musks Beitrag, ohne diese weiter zu kommentieren. Aus anderen Parteien kamen deutlich kritischere Töne. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte dem "Handelsblatt": "Es ist inakzeptabel, dass ausländische Milliardäre versuchen, unsere politische Landschaft zu beeinflussen und dabei Parteien unterstützen, die unsere demokratischen Werte untergraben." Andreas Audretsch, Wahlkampfleiter der Grünen, warnte davor, dass Milliardäre wie Musk oder chinesische Staatskonzerne die Möglichkeit hätten, "mit ihren Plattformen und viel Geld unseren demokratischen Diskurs zu untergraben".

Musk mischt sich auch in die Politik anderer Länder ein

Deutschland ist allerdings nur eines der Länder, in denen Musk sich zu Wort meldet. Der reichste Mann der Welt, der ein geschätztes Vermögen von mehr als 400 Milliarden Dollar besitzt, mischt auch in der Innenpolitik anderer europäischer Länder mit – offenbar mit dem Ziel, ein größeres rechtspopulistisches Netzwerk in den westlichen Demokratien zu schaffen. 

Der britische Populist Nigel Farage sagte der britischen Zeitung "Telegraph" über sein kürzliches Treffen mit Musk: "Er sieht das Mutterland der englischsprachigen Welt in sehr großen Schwierigkeiten." Der Milliardär habe keine Zweifel gelassen, "dass er hinter uns steht." 

Auch, so Farage, liefen Verhandlungen über eine finanzielle Unterstützung Musks für die rechtspopulistische Partei Reform UK. In britischen Zeitungen wird über eine Spende in Höhe von 100 Millionen Euro spekuliert. Davor hat Musk der amtierenden Labour-Regierung vorgeworfen, einen "tyrannischen Polizeistaat" aufzubauen und im Sommer einen Bürgerkrieg in Großbritannien prophezeit.

Großbritannien: Unruhen und Elon Musk 15.45

In Italien hatte Elon Musk nach der Entscheidung eines römischen Gerichts, wonach die Internierung von Migranten in Albanien illegal sei, gefordert, die Richter müssten "gehen". In einem anderen Fall wetterte er gegen einen italienischen Staatsanwalt, der im Prozess gegen Matteo Salvini eine sechsjährige Haftstrafe für den rechtsextremen Politiker gefordert hatte: "Der verrückte Staatsanwalt sollte der sein, der für sechs Jahre ins Gefängnis soll."

Italiens Präsident Sergio Mattarella verbat sich diese Einmischung: Musk müsse die Souveränität des Landes respektieren. 

Auch Südamerikas Demokratien kommentiert Elon Musk immer offensiver: In Brasilien ging der Tesla-Gründer in eine öffentliche Auseinandersetzung mit einem Richter, bezeichnete ihn als "bösen Diktator". Mit Argentiniens Präsident Milei verbinde ihn eine "Liebe auf den ersten Blick", so beschrieb ein argentinischer Diplomat ein Treffen der beiden. Musk wolle Argentinien helfen, Musk und Milei bald ein großes Event in Argentinien veranstalten, um "die Ideen der Freiheit" zu bewerben.

Ist Musk eine Gefahr für die demokratische Stabilität?

Dass Elon Musk klar Partei für die AfD ergreift, ist also kein Einzelbeispiel politischer Einflussnahme: Es zeigt sich ein Muster, bei dem der Milliardär und mächtige Trump-Einflüsterer rechte und extremistische Positionen durch seine mediale Reichweite – und eventuell durch sein Geld – bestärkt.

Diese Einmischung reicht längst über nationale Grenzen hinaus und betrifft etablierte Demokratien weltweit. Der Fall macht deutlich: Es geht nicht nur um ein paar kontroverse Posts, sondern um die Frage, inwieweit eine reiche, aber nicht demokratisch gewählte Einzelperson die öffentliche Meinung beeinflussen kann.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 23. Dezember und wurde aktualisiert

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