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Migration: Weil: Willkommenskultur muss ersetzt werden

Stern 

"2015 gab es einen Überschwang", sagt Niedersachsens Ministerpräsident Weil. Was der SPD-Politiker jetzt für die Flüchtlingspolitik fordert.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht gegenüber Flüchtlingen heute eine größere Skepsis in der Gesellschaft als vor einigen Jahren. "2015 gab es einen Überschwang, der heute in der Bevölkerung nicht mehr da ist. Die gesellschaftliche Stimmung hat sich verändert", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Auf die Frage, ob die damalige Willkommenskultur am Ende sei, sagte Weil: "Die Willkommenskultur muss durch eine realistische Aufgeschlossenheit ersetzt werden."

Der Regierungschef betonte, man müsse weiter bereit sein, Menschen willkommen zu heißen, die auf geregelte Art und Weise kommen, um zu arbeiten oder weil sie ein Schutzrecht haben. "Wenn es zum Beispiel ausländischen Fachkräften nicht möglich ist, Anschluss an die hiesige Gesellschaft zu finden, schadet das auch uns selbst."

Nach Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt

Schon 2015 sei er in der Flüchtlingsfrage aber sehr skeptisch gewesen, ob Deutschland alleine in der Lage sein würde, ein europäisches Problem zu lösen. "Diese Skepsis hat sich bestätigt", sagte der Ministerpräsident. "Ich hätte mir aber nicht vorstellen wollen, dass die Aufnahmebereitschaft in Teilen Deutschlands so sehr kippt, wie das aktuell der Fall ist." 

Politische Brandstifter wollten diese Stimmung für sich nutzen, etwa nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Der Täter sei ein Sympathisant der AfD. "Das will ich dieser Partei gar nicht zurechnen, aber dass ausgerechnet die AfD danach zu einer Kundgebung aufruft und versucht, aus diesem Verbrechen Kapital zu schlagen, ist ekelhaft", sagte Weil.

Zahl der Ausländer in Niedersachsen hat sich fast verdoppelt

In Niedersachsen hat sich die Zahl der Ausländer in den vergangenen zehn Jahren von rund 570.000 auf 1,1 Millionen fast verdoppelt. Geflüchtete machen davon laut Weil etwa ein Drittel aus.

"Dass wir uns insgesamt mit dieser Entwicklung mitunter schwertun, liegt auf der Hand", sagte er. Beispielsweise hätten viele Kinder aus anderssprachigen Familien zunächst sprachliche Defizite in der Schule. "Das ist eine Herausforderung für unser ohnehin angespanntes Bildungssystem."

Migration als Chance in einer alternden Gesellschaft

In anderen Bereichen sei die Entwicklung dagegen eine Chance, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt. "Da müssen wir aber noch besser werden", sagte Weil. "Viele unterschätzen immer noch, was die Alterung unserer Gesellschaft auf dem Arbeitsmarkt auslösen wird. Es wird immer mehr Stellen geben, die auf einmal nicht mehr besetzt werden können, und zwar auch in Berufen, die unsere Gesellschaft dringend braucht. Da kann uns Zuwanderung helfen."

Die Zuwanderung müsse jedoch kontrolliert erfolgen. "Wir haben es jahrelang nicht gut genug geschafft, die irreguläre Zuwanderung einzudämmen", räumte Weil, der seit 2013 im Amt ist, ein. Er setze darauf, dabei mit der neuen Asylpolitik auf europäischer Ebene deutliche Fortschritte zu erreichen.

Der SPD-Landeschef sagte weiter, er hoffe nicht, dass es dauerhafte Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen brauche. Auf Sicht brauche man sie jedoch allemal. "Die bisherigen Kontrollen haben dazu beigetragen, dass die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden dieses Jahr um ein Drittel niedriger ist als vor einem Jahr. So muss es auch weitergehen", sagte er.

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