Bürgerbeteiligung: Grüne legen neues Bürgerbeteiligungsgesetz für MV vor
Über ihren Anteil an der Umsatzsteuer erhielten die Kommunen in MV etwa 110 Millionen Euro. Doch mehr als die für sie viertwichtigste Steuer könnte die Ökostromproduktion bringen, meinen die Grünen.
Nach Plänen der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern sollen Gemeinden in unmittelbarer Nähe zu Wind- und Solarparks und deren Bewohner künftig einfacher und direkt von der Ökostromproduktion profitieren. In ihrem Entwurf für ein neues Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz schlägt die Oppositionspartei vor, dass betroffene Gemeinden von den Erträgen 0,2 Cent pro Kilowattstunde erhalten und die Bürger noch einmal 0,1 Cent pro Kilowattstunde.
Nach Berechnungen des Grünen-Landtagsabgeordneten Hannes Damm könnte eine Gemeinde mit fünf Windrädern in ihrem Umfeld so etwa 200.000 Euro im Jahr erhalten. Diese zusätzlichen Mittel könnten in lokale Projekte wie Bau und Erhaltung von Spiel- oder Sportplätzen investiert werden. Damm geht davon aus, dass nach der Novellierung des Beteiligungsgesetzes mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr an die Kommunen und ihre Bürger fließen könnten.
Berechtigt sein sollen alle Gemeinden, deren Gemeindegebiet sich ganz oder teilweise in einer Entfernung von nicht mehr als 2.500 Metern von Windrädern befindet oder auf deren Gemeindegebiet eine Freiflächen-Photovoltaikanlage errichtet wurde. Abgabepflichtig sollen Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von einem Megawatt und mehr sein.
Opposition kommt Regierung zuvor
Ihren Gesetzentwurf wollen die Grünen gemeinsam mit dem von ihnen ebenfalls vorgelegten Entwurf für ein Landesklimaschutzgesetz am Mittwoch im Landtag erstmals zur Debatte stellen. Zwar hatte auch die rot-rote Landesregierung eingeräumt, dass das 2016 beschlossene Beteiligungsgesetz kaum genutzt wird und nicht, wie erhofft, zu einer höheren Akzeptanz für Windräder beitrug. Die von ihr angestrebte Gesetzesänderung liegt bislang aber nicht vor, obwohl Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) es als "drängende politische Aufgabe" bezeichnete, die Bürger stärker in konkrete Projekte der Energiewende einzubeziehen und sie, wo immer möglich, auch direkt finanziell profitieren zu lassen.
Auch das von der Koalition schon länger angekündigte Landesklimaschutzgesetz lässt weiter auf sich warten. Laut Umweltministerium gibt es noch Klärungsbedarf zwischen den Ressorts. Damm warf SPD und Linke Untätigkeit vor. "Trotz der sich verschärfenden Klimakrise und wiederholter Ankündigungen hat die Landesregierung ihr Klimaschutzgesetz bis heute verschleppt", konstatierte er. Daher habe seine Fraktion in enger Zusammenarbeit mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sozialwesen sowie Bürgerinnen und Bürgern einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet. "Er steht für sozial gerechten, wirtschaftlich erfolgreichen und effektiven Klimaschutz", betonte Damm.
Gemeinsames Ziel sei es, eine Überforderung der Menschen zu vermeiden und effektiven Klimaschutz in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen. "Durch unsere Ostseeküste, die großen Landflächen und viel Wind können Umwelt, Menschen und Wirtschaft gleichermaßen profitieren, wenn wir diese Ressourcen endlich richtig nutzen", sagte er.
Ausbaupläne für Windkraft stocken
Nach Maßgabe des Bundes soll die als Windeignungsgebiet ausgewiesene Landesfläche auch im Nordosten von derzeit 0,8 Prozent bis 2032 auf 2,1 Prozent wachsen. Dagegen regt sich vielerorts Widerstand, auch weil der hohe Anteil an Windstrom und der erforderliche Netzausbau zu den bundesweit höchsten Strompreisen im Norden führten. Die Bundesnetzagentur will das in Kürze ändern. Doch nach Auskunft von Branchenverbänden bremst auch der Denkmalschutz den Windkraftausbau.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden nach Branchenangaben im Nordosten lediglich sieben neue Windräder errichtet. Das bedeutet einen Rückgang gegenüber dem bereits schwachen Vorjahreszeitraum, als zwölf neue Windräder im Land installiert wurden. Bei ihrem Amtsantritt 2021 hatte die rot-rote Landesregierung angekündigt, wieder mehr Tempo in den Bau neuer Windparks zu bringen. Das gelang bislang nicht - etwa weil Genehmigungsverfahren lange dauern.
In Mecklenburg-Vorpommern erzeugen aktuell rund 1.860 Windräder Strom. Im benachbarten Schleswig-Holstein sind es mehr als 3.200. Die Akzeptanz für die Ökostromproduktion ist in Schleswig-Holstein höher. Als ein wesentlicher Grund dafür gilt, dass die Betreiber der Windparks zumeist aus der Region kommen und so auch die Erträge im Land bleiben. In Mecklenburg-Vorpommern kamen meist auswärtige Investoren zum Zug.