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Auf Radspur erfasst: Senior fährt Mutter und Kind tot: Hätte der schwere Unfall in Berlin verhindert werden können?

Stern 
Auf Radspur erfasst: Senior fährt Mutter und Kind tot: Hätte der schwere Unfall in Berlin verhindert werden können?

Am Wochenende starben eine Mutter und ihr vierjähriger Sohn nach einem Autounfall am Potsdamer Platz in Berlin. Der 83-jährige Fahrer fiel schon vorher durch seine rücksichtslose Fahrweise auf.

In Deutschland passieren pro Jahr rund 2,5 Millionen Straßenverkehrsunfälle. 2023 kamen dabei 2.830 Menschen ums Leben. Die Unfallverursacher stammen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Eine Gruppe aber fällt besonders auf: Sind über 75-Jährige an einem Unfall beteiligt, tragen sie zu fast 80 Prozent die Hauptschuld – und sind damit ein größeres Sicherheitsrisiko als Fahranfänger zwischen 18 und 20 Jahren, die in etwa 70 Prozent der Fälle hauptverantwortlich sind.

Eine Tragödie vom Wochenende zeigte erneut, warum der "Führerschein auf Lebenszeit" tödlich sein kann: Bei einem schweren Verkehrsunfall am Samstag in Berlin erfasste ein 83-jähriger Autofahrer eine 41-Jährige und ihren vierjährigen Sohn im Kinderwagen. Die Mutter starb kurz darauf im Krankenhaus, das Kind nach einer Notoperation noch am selben Abend. Zwei Angehörige wurden Zeugen des Unglücks.

Vorfall in Berlin: Tempo "im dreistelligen Bereich"

Den Aussagen nach habe der 83-jährige Unfallverursacher die Leipziger Straße Richtung Potsdamer Platz mit überhöhtem Tempo befahren. Als er sich den Angaben zufolge wegen der Verkehrssituation wartenden Fahrzeugen näherte, soll er nach Erkenntnissen der Polizei den rechten Radfahrstreifen genutzt haben, um an dem Stau vorbeizufahren. Zeitgleich hätten die 41-jährige Fußgängerin und ihr vierjähriger Sohn die Fahrbahn überqueren wollen.

Der Unfall erreignete sich fast direkt an der Hausnummer 1 der Leipziger Straße.
Der Unfall erreignete sich fast direkt an der Hausnummer 1 der Leipziger Straße.
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Womöglich habe das Tempo "im dreistelligen Bereich" gelegen, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf die Zeugen. Auf der viel befahrenen Leipziger Straße sind aber nur 30 Kilometer pro Stunde erlaubt. Ob die Aussagen stimmen, müssten jedoch erst noch weitere Ermittlungen zeigen, so eine Sprecherin der Polizei. Der Wagen sei sichergestellt worden, ein Gutachten werde folgen.

Neue Diskussionen um Fahrtauglichkeitscheck

Das Alter des Unfallverursachers könnte die Debatte über die Prüfung der Fahrtüchtigkeit von älteren Personen erneut anfachen. Bisher gibt es ein solche Regelung nicht. In der Europäischen Union dürfen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, ob sie entsprechende Gesetze erlassen. Ein Vorschlag: Wer mindestens 70 Jahre alt ist, soll alle fünf Jahre einen Fahrtauglichkeitscheck machen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) erteilte dem zuletzt eine Absage.

Kommentar

"Ich will keine verpflichtenden Tauglichkeitsprüfungen für Autofahrer über 70, und ich bin zuversichtlich, dass sich dafür in der EU auch keine Mehrheit finden wird", sagte Volker Wissing noch im Jahr 2023. Er sei dagegen, dass "der Einzelne immer mehr zum Objekt gemacht wird, sich Zwangsuntersuchungen unterziehen und nach Vorschriftskatalog seinen Alltag gestalten muss", erklärte der FDP-Politiker. Das mache "unsere Gesellschaft unmenschlicher". Stattdessen traue er Senioren zu, dass sie sich ohne staatliche Vorgaben und bürokratische Kontrolle mit ihrer Gesundheit auseinandersetzten.

Fraglich bleibt, ob der Verkehrsunfall in Berlin hätte verhindert werden können, wenn die Fahrtauglichkeit des 83-jährigen Fahrers zuvor geprüft worden wäre. Sicher ist aber: Ab einem gewissen Alter steigt das Risiko, einen Unfall zu verursachen – und damit auch die Zahl der deutschen Unfalltoten.

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